Wenn Franz Strubl mit Besuchern durch das Wendelsteiner Werk seines Unternehmens eilt, dann sprudeln die Informationen. Als typisch mittelständischer Unternehmer hat er nicht nur die Umsatz- und Auftragsstruktur im Kopf, der Diplom-Kaufmann kennt auch seine Technik im Detail. Dass die Besucher ob der Vielfalt des Maschinenparks beeindruckt sind, kommt für ihn nicht unerwartet. „Ja, das ist schon der Wahnsinn“, lacht Franz Strubl, der zusammen mit seinem Bruder Christoph das Familienunternehmen Strubl GmbH & Co. KG als Geschäftsführender Gesellschafter leitet. Seit Frühsommer 2015 ist eine KBA-Flexotecnica EVO XD-S zentraler Bestandteil dieses Maschinenparks. Strubl ist damit Pilotanwender im deutschen Markt.
von Gerd Bergmann
Dass sich das Geschäftsmodell des Kunststoff-Folienspezialisten nicht über die Technik definiert, tut der Bedeutung der jüngsten Investition keinen Abbruch. Im Gegenteil. Was Franz Strubl scherzhaft als „Wahnsinn“ bezeichnet, hat sehr wohl Methode. Denn Strubl ist nach eigener Aussage vor allem durch die Breite des Produktportfolios sowie die Flexibilität von Mitarbeitern und Maschinenpark erfolgreich. Und letztendlich durch das Fingerspitzengefühl des Managements für die richtige Auftragsmischung. Ohne die exakt passende Technik funktioniert dieses Prinzip nicht.
Franz Strubl: „Die rund 2000 Kunden kommen aus ganz unterschiedlichen Branchen, auf deren Fachmessen Strubl auch präsent ist. Unsere Kundenauftragsorientierung besteht darin, dass wir Folien und Beutel nach Merkmalsleisten entwickeln – also Typen, Formen, Materialien, Abmessungen oder Eigenschaften. Und dann kann sich der Kunde daraus sein individuelles Produkt konfigurieren.“
Umsatz-Schwerpunkt Folienbeutel
Die Folienextrusion und die Herstellung der – prinzipiell unbedruckten – Reinraumverpackungen findet im Werk Nabburg statt, 90 km von Wendelstein entfernt und nahe der tschechischen Grenze. In Wendelstein, südlich von Nürnberg, wird vor allem gedruckt und konfektioniert. Außerdem sitzt hier die Sparte Maschinenbau.
Zu den EUR 22 Mio. Jahresumsatz, die man – auf Vollzeitstellen umgerechnet – mit knapp 100 Mitarbeitern an den zwei Standorten erwirtschaftet, tragen nicht jene Millionenmengen von Tragetaschen oder Lebensmittelverpackungen bei, mit denen die ganz Großen der Branche ihre Maschinen füllen. Ja, man produziert hier durchaus auch mal Tragetaschen, wenn der Auftrag in die Struktur bei Strubl passt. Aber es sind doch eher kleine Folienbeutel, die aus Wendelstein in die Handelsfachmärkte Europas geliefert werden und das Hauptgeschäft ausmachen. Beutel, in die Dübel, Schrauben und Dichtungen verpackt werden. Oder auch Einlegesohlen.
Eine besondere Stärke ist der große Maschinenpark für die Beutel-Konfektionierung. Rund vierzig Maschinen erlauben nahezu alle Perforations- und Verschlussarten, Lochvarianten und Formen. Geschwindigkeit ist hier nicht das Maß aller Dinge. Die Mitarbeiterinnen in der Konfektionierung bedienen und betreuen teilweise mehrere Maschinen parallel. Manche Maschinen sind echte Exoten, andere wurden durch die Strubl-Techniker entsprechend den eigenen Anforderungen umgebaut. Um so viele Kundenwünsche wie möglich zu erfüllen, werden die technischen Möglichkeiten laufend erweitert – zum Beispiel jüngst durch Standbodenbeutel.
Eigener Maschinenbau
Strubl ist ja nicht nur Folien-Produzent und Konfektionierer, sondern auch Maschinenbauer. Unter der Marke „Plug&Pack“ werden Maschinensysteme geliefert, die (idealerweise ebenfalls durch Strubl hergestellte) Folienbeutel aus einem Magazin entnehmen, vereinzeln, per einfarbigem Thermotransferdruck individualisieren und dann so öffnen, dass diese manuell oder automatisch befüllt werden können. Fast 150 solcher Systeme hat Strubl bereits europaweit ausgeliefert, nach Russland genauso wie nach Spanien und Italien.
„150 Verpackungsmaschinen“ klingt zunächst viel, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Strubl weiterhin deutlich mehr als 50% seines Umsatzes mit Folien und Beuteln erzielt. Mit dem relativ neuen Segment Reinraumverpackungen konnte sich Strubl ebenfalls aus der Masse der Verpackungshersteller abheben und auch viel Aufmerksamkeit in den Medien finden. Der Fotograf der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat das Bruderpaar Franz und Christoph vor eine extrudierte Folienbahn im Werk Nabburg platziert, als das Unternehmen Strubl jüngst im Wirtschaftsteil des Blattes portraitiert wurde. Dem zukunftsträchtigen Thema Reinraumverpackungen wurde dabei viel Platz eingeräumt.
Allerdings war es auch die FAZ, die wohl im Interview mit den Gebrüdern Strubl so lange nachgebohrt hat, bis man deren Rolle als „Weltmarktführer bei Blumenzwiebelverpackungen“ enthüllen konnte: 60% des insgesamt 40.000 Kilometer Folie umfassenden Marktes ist in fränkischer Hand.
Kleinteilige Produktion
Kleinteilig ist die Produktion bei Strubl in der Tat. In den ersten drei Monaten, in denen die KBA-Flexotecnica EVO XD-S in voller – das heißt zweischichtiger – Produktion lief, wurden 317 Aufträge abgewickelt aber nur 3 Mio. Laufmeter bedruckt.
Wie wichtig eine reibungslose Auftragsorganisation, Auftragsvorbereitung und das Einrichten deshalb sind, wird verständlich, wenn man weiß, dass fast jeder dritte dieser 317 Aufträge kürzer als 2000 Laufmeter war. So sei es zwar schön, dass die neue Flexodruck-Rotation 350 Meter pro Minute bedrucken kann, heißt es. Aber diese Maximalgeschwindigkeit wirklich ausgenutzt habe Strubl bislang nur selten. Noch komplexer wird die Produktion dadurch, dass der fränkische Verpackungshersteller vier verschiedene Farbsysteme anwendet – für den Aufdruck, den Konterdruck, den Druck mit Kaschierfarben und UV-beständige Farben.
Wer die Strublsche Komplexität von Anfang an gewöhnt ist, tut sich leichter. Deshalb bildet das Unternehmen seit einigen Jahren auch Medientechnologen der Fachrichtung Flexodruck aus. Eines dieser Eigengewächse ist Jens Hopf, der im vergangenen Jahr – mit der Installation der EVO XD-S – die Leitung der Abteilung Druck übernommen hat. Für die erwähnten 3 Mio. Laufmeter haben die Drucker bei Strubl nicht weniger als 1.216 Farbwerke gerüstet und Franz Strubl lobt sein Team: „Wir sind Rüstzeit-Weltmeister.“ Kein Wunder also, dass sich Druckereileiter Hopf vor allem über die Automatisierungsfunktionen seiner neuen Druckmaschine freut und sein Chef das unter dem Begriff „Strubl 2.0“ zusammenfasst. Beide meinen damit insbesondere das System zur automatischen Kontrolle der Druckposition („Auto Impression Flexotecnica“, AIF), dank dessen die zum Einrichten nötige Bahnlänge auf rund 100 Meter reduziert werden konnte. Hopf: „Das Einrichten geht nun wirklich extrem schnell und AIF spart uns eine Menge Material.“
Klare Vorgaben für die Ersatzinvestition
Bei der Beschaffung einer Ersatzmaschine für die damals 12 Jahre alte Flexotecnica Tachys gab es seitens Strubl klare Vorgaben: Sie musste in den verfügbaren Raum (was vor allem in der Höhe anspruchsvoll war) und in den machbaren Finanzrahmen passen. Besonders wichtig waren aber die Produktionsbreite und der Walzendurchmesser. „Der Lieferant musste sich im Klaren darüber sein, dass wir eigentlich im Schmalbahnsegment unterwegs sind.“ Das heißt konkret, mit Maschinentypen, die sich „an der Tragetasche orientieren“, die auf 1280 mm Nutzbreite auslegt sind, kann Strubl nichts anfangen. Jens Hopf erklärt: „Wir haben auch 300, 400 und 500 mm Folienbreiten, die wir bedrucken und unsere minimale Drucklänge beträgt jetzt 280 mm.“
„Unsere Drucksleeves sind sehr schlank“, sagt auch Franz Strubl. Bei gerade einmal 1.000 Laufmetern sei es völlig ausreichend, vier Druckbilder im Rapport zu haben. Was die Materialbreite angeht, kann Strubl jetzt im Vergleich zur Vorgängermaschine sogar breitere Bahnen bedrucken (1.050 gegenüber 880 mm) und dies dank der kompakten Bauweise auf weniger Quadratmetern – was der Firmenchef so ausdrückt: „Wir haben eine schmälere Maschine und können dennoch breiter drucken.“
Und deshalb kamen nur wenige Maschinen, die aktuell am Markt angeboten werden, in Frage. Wie zum Beispiel die EVO-XD-S, die Flexotecnica schon vor Übernahme durch KBA (2013) erstmals präsentierte. Das italienische Unternehmen war ja schon mit seiner Tachys ein bewährter Lieferant der Strubl KG gewesen.
Die nach Wendelstein gelieferte Zentralzylindermaschine verfügt über acht Druckwerke und Carbon-Achsen für die Aufnahme der Drucksleeves. Das automatische Reinigungssystem Speedy Clean erleichtert den Druckern die Arbeit. Eine Video-Bahnbeobachtung von BST Eltromat mit interaktivem Registermodul Regi Touch hilft, durchgängig hohe Druckqualität sicherzustellen. Eine Längsschneideeinrichtung erlaubt Strubl unterschiedliche Jobs in einem Druckdurchgang zu kombinieren.
Franz Strubl lässt denn auch keinen Zweifel an der zentralen Rolle des Drucks innerhalb des Unternehmens: „Das individuell bedruckte Produkt ist natürlich näher am Kunden dran als ein 50 µm Standard-Flachbeutel, den jeder anbieten kann.“