Volles Haus: Karsten Schröder, Geschäftsführer von Innoform und Moderator der Veranstaltung, begrüßte 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim 22. Inno-Meeting
Das 22. Inno-Meeting in Osnabrück hat eindrucksvoll gezeigt, wie innovativ die Verpackungsindustrie auf regulatorische Anforderungen und die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen reagiert. Von neuen Barriereklebstoffen und recycelbaren Druckfarben über BOPE- und MDO-Folien bis hin zu kunststofffreien Alternativen – die präsentierten Technologien und Forschungsergebnisse unterstreichen das enorme Potenzial für umweltfreundliche Verpackungslösungen.
Klar wurde: Nachhaltigkeit erfordert nicht nur Materialinnovationen, sondern auch angepasste Produktionsprozesse und Recyclingstrategien. Die Entwicklungen in Richtung Monomaterialien, biologisch abbaubarer Beschichtungen und PFAS-freier Prozesse zeigen, dass die Industrie die Herausforderungen annimmt.
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Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um diese Konzepte in die industrielle Praxis zu überführen und flächendeckend recyclingfähige Verpackungen zu etablieren. Der Wandel ist in vollem Gange – und die Impulse des Inno-Meetings werden dazu beitragen, ihn weiter voranzutreiben.
Regulatorische Herausforderungen 2025
Dr. Andreas Grabitz von FCMExperts gab einen Überblick über die „Regulatorischen Herausforderungen 2025“ für Lebensmittel-Kontaktmaterialien und erläuterte zentrale Aspekte der Verordnung (EU) 2024/3190. Diese verbietet weitgehend Bisphenol A (BPA) sowie andere als gefährlich eingestufte Bisphenole. Hersteller sind verpflichtet, Konformitätserklärungen auszustellen, wobei einige wenige Ausnahmen unter sehr strengen Auflagen zulässig sind. Darüber hinaus ging er auf die EU-Verpackungsverordnung (PPWR 2025/40) ein, die Grenzwerte für die Industriechemikalie PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) festlegt. In Anwendungen wie beispielsweise bei bedruckten Pizzakartons (direkter Lebensmittelkontakt) ist der Einsatz dieser sogenannten „Ewigkeits-Chemikalien“ verboten. PFAS zeichnen sich durch ihre extreme Stabilität aus und sind daher biologisch nicht abbaubar, was zu ihrer Anreicherung in der Umwelt sowie in Mensch und Tier führt.
„Ab 2030 müssen alle Verpackungen zu mindestens 70 % recyclingfähig sein Ab 2035 ist dies auch im industriellen Maßstab umzusetzen, und ab 2038 wird dieser Anteil auf 80 % erhöht“, führt Dr. Andreas Grabitz weiter aus. Zudem werden verbindliche Quoten für den Einsatz von Recycling-Kunststoffen in bestimmten Verpackungen eingeführt, was die Entwicklung neuer Materialien und Prozesse erfordert.
Alternativen zu fluorhaltigen Prozesshilfen
Ralf Küsters von LyondellBasell Industries stellte Alternativen zu fluorhaltigen Prozesshilfen vor. Die hierin verwendeten PFAS-Verbindungen führten zum Start verschiedener Verbotsverfahren innerhalb der EU. Für die unterschiedlichen Anforderungen in der Blas- und Gießfolien-Extrusion hat das Unternehmen eine Produktreihe mit der Bezeichnung POLYBATCHPPA entwickelt, die fluorbasierte Verarbeitungshilfsmittel ersetzt. Diese Reihe enthält Produkte, die die Polyethylen-Verarbeitung verbessern, indem sie Schmelzbruch z.B. bei der LLDPE-Blasfolienextrusion verhindert oder den Materialaufbau an der Düse bei der LDPE- und LLDPE-Folienextrusion verringern. Die Produktreihe ist konform mit den lebensmittelrechtlichen Anforderungen in den USA (FDA) und der EU-Behörden.
Zertifizierte Recyclingfähigkeit von Polyamid durch angepasstes Design (Design for Recycling) (Quelle: BASF SE)
Recyclingfähigkeit von Polyamid-haltigen Verpackungen
Simone Schillo von BASF SE präsentierte zu dem nachhaltigen Polyamid-Portfolio von BASF wissenschaftlich fundierte Fakten sowie überzeugende Argumente zur Recyclingfähigkeit von Polyamid-haltigen Mehrschichtverpackungen. Der Einsatz von Polyamiden leistet einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung, da durch dünnere Ausführungen von Mehrschichtverpackungen Verpackungsabfälle reduziert werden können. Studien des unabhängigen Instituts cyclos-HTP GmbH belegen, dass coextrudierte PE/PA-Folien, die mit Haftvermittlern (PE-g-MAH) ausgestattet sind, ohne Prozessanpassungen in bestehende PE-Recyclingströme integriert werden können. Dadurch stellen Polyamide keine Störstoffe im mechanischen Recyclingprozess dar, sondern sind wertvolle Materialien, die nachhaltige Verpackungslösungen und die Kreislaufwirtschaft fördern. In bestimmten Fällen können PA-PE-Rezyklate heutige PE-Folien ohne Rezyklat sogar fester machen.
Prüfung von Lebensmittelverpackungs-Rezyklaten
Dr. Elisabeth Pinter vom Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) erläuterte in ihrem aus Wien zugeschalteten Vortrag die Analyseverfahren zur Prüfung von Lebensmittelverpackungs-Rezyklaten. Aufgrund der Vielzahl potenzieller Verunreinigungen muss die Effizienz der Dekontaminationsprozesse durch Challenge-Tests und ein umfassendes Monitoring sichergestellt werden. Hierbei kommen chemische Analytik und In-vitro-Bioassays zum Einsatz.
Im Forschungsprojekt SafeCycle wurden über 600 Kunststoffproben aus Virgin- und Rezyklatmaterialien untersucht. Einige Proben zeigten auffällige Effekte im Ames-Test, darunter Nitrocellulose-basierte Farbensysteme nach dem Recycling – jedoch nicht als einzige Quelle. Eine mögliche Lösung stellt das Deinking bzw. Delabelling dar, für das weitere Forschung notwendig und bereits geplant ist.
Eigenschaften des Barriereklebstoffes Maxive für Lebensmittelverpackungen. (Quelle: Mitsubishi Gas Chemical Company, Inc.)
Barriereklebstoff für nachhaltige Verpackungen
Naoko Kobayashi von Mitsubishi Gas Chemical stellte den Kaschierklebstoff Maxive für Monomaterial-Verpackungen vor. Dieser lösemittelbasierte Klebstoff soll exzellente Gasbarriere-Eigenschaften und hohe chemische Beständigkeit bieten.
Maxive erreicht die Barrierewerte herkömmlicher Hochbarriere-Verbunde, ist jedoch recyclingfreundlicher. Dank seiner Beständigkeit eignet er sich ideal für Lebensmittel- und Kosmetikverpackungen. Entwickelt nach europäischen Recyclingstandards, befindet er sich derzeit in der Zertifizierungsphase. Mit reduziertem Materialeinsatz und geringerer Umweltbelastung könnte er eine nachhaltige Alternative zu EVOH-, AlOx- und metallisierten Kaschierung sein.
Druckfarben und mehr
Das wasserbasierte Farbsystem von Follmann zeichnet sich auch bei Verbundverpackungen durch hohe Leistungsfähigkeit aus (Quelle: Follmann GmbH & Co. KG)
André Altevogt von Follmann GmbH & Co. KG referierte über die Vorteile wasserbasierter Druckfarben. Diese sind VOC-frei und ermöglichen hochwertige Drucke auf Papier- und Kunststoffverpackungen. Vorurteile wie hohe Kosten, schlechte Druckqualität, unangenehmer Geruch oder hoher Reinigungsaufwand konnten widerlegt werden. Heutige wasserbasierte Farbysteme erfüllen die gleichen Maschinenanforderungen wie Lösemittelfarben und erreichen Druckgeschwindigkeiten von bis zu 800 m/min. Zudem verbessern sie das Recycling, indem sie Stippenbildung und Geruch reduzieren, was ihre Nachhaltigkeit im Verpackungsdruck stärkt.
Frederik Petzold von Windmöller & Hölscher KG stellte eine Konzeptstudie zur Entwicklung einer recyclingfähigen Kaffeeverpackung vor. In Zusammenarbeit mit Siegwerk und Saueressig wurde eine Monomaterial-Lösung auf Basis von MDO-PE mit EVOH-Barriere als Ersatz für herkömmliche Triplexverbunde (PET/Alu/PE) entwickelt. Herausforderungen wie Druckfähigkeit, Temperatur- und Bahnspannungsmanagement sowie die Farbsystemwahl wurden durch technische Lösungen in einer Tiefdruckmaschine wie Supergrip-Leitwalzen, präzise Kühlwalzen-Temperaturregelung und optimierte Registersteuerung gemeistert. Das PU-Farbsystem wurde angepasst, um Tonen im Spitzlichtbereich zu vermeiden. Ein erfolgreicher Feldversuch im Tiefdruck bei 400 m/min Druckgeschwindigkeit bestätigte das Potenzial von MDO-PE-Folie für die Produktion nachhaltiger flexibler Verpackungen.
Die PU-basierte Farbserie von Siegwerk kombiniert die Vorteile von NC-Systemen in Beständigkeit, Verdruckbarkeit und Druckgeschwindigkeit mit der Recyclingfähigkeit (Quelle: Siegwerk Druckfarben)
Eugenia Spies von Siegwerk ging in ihrem Vortrag auf den aktuellen Stand des Recyclings von Druckfarben für flexible Verpackungen ein. Durch neue EU-Vorgaben wird der Einsatz von NC- und PVC-haltigen Farben eingeschränkt. Siegwerk entwickelte eine PU-basierte Farbserie, die die Vorteile von NC-Systemen – hohe Beständigkeit, gute Verdruckbarkeit und hohe Druckgeschwindigkeit – mit Recyclingfähigkeit kombiniert und den RecyClass-Richtlinien sowie dem deutschen Mindeststandard entspricht. Zudem ermöglicht der Deinking-Primer CirKit ClearPrime DP 6300 eine effiziente Entfärbung für transparente Rezyklate.
Ingo Büning von Saueressig erläuterte in seinem Vortrag, wie nachhaltige Druckprozesse durch optimierte Druckvorstufe und Druckzylinder realisiert werden können. In der Konzeptstudie mit W&H und Siegwerk wurde durch ein reduziertes Verpackungsdesign, das Drucken mit fester Farbpalette und Golddarstellungen ohne Metallicfarben eine verbesserte Recyclingfähigkeit erzielt. Speziell angepasste Tiefdruckzylinder sorgten für minimalen Farbauftrag – vorzugsweise mit PU-Farben. Darüber hinaus steigert die Langlebigkeit der Tiefdruckzylinder die Effizienz, während Lightweight-Zylinder den Materialeinsatz reduzieren. Die digitalisierte Endkontrolle mit cLynx-System von Saueressig ermöglicht eine Zylinderprüfung ohne Farbe und Druckmaterial.
MDO-Gießfolien: Zukunftspotenzial für recycelbare Verpackungen
Benjamin Pott von Reifenhäuser Cast Sheet Coating analysierte das Potenzial von Gießfolien mit MDO-Technologie für nachhaltige Verpackungslösungen, insbesondere für -Standbodenbeutel aus Monomaterial (PE und PP). Die MDO-Technologie verbessert Festigkeit, Steifigkeit und Barrierewirkung von Folien und optimiert gleichzeitig deren thermische Stabilität und Optik.
Besonders vielversprechend sind recycelbare Folien mit EVOH-Barriere, die zukünftige Recyclingrichtlinien erfüllen. Zudem ermöglichen MDO-optimierte Folien ein einfacheres Öffnen von flexiblen Verpackungen ohne Laserperforation. Durch die patentierte Einkapselung im Feedblock werden Materialabfälle und -kosten reduziert, während der Randbeschnitt inline zurückgeführt wird. Bis 2030 wird eine stark steigende Nachfrage nach MOPE-Folien als Alternative zu BOPET erwartet.
BOPE: Großes Potenzial für nachhaltige Monoverpackungen
Dr. Stefan Seibel von der Brückner Maschinenbau GmbH präsentierte das simultane, biaxiale Verstrecken von Polyethylen für Monoverpackungen und stellte ein Hybrid-Linienkonzept für BOPE und BOPP vor.
PE-Monomaterialverpackungen bestehen aus einer BOPE-HD Basisfolie, einer BOPE-HD Barrierefolie und einer BOPE-LLD Siegelschicht. Sie bieten hohe Transparenz und gute mechanische Eigenschaften. Aktuell in Entwicklung sind BOPE-ILC-Folien für AlOx-Bedampfung sowie BOPE-EVOH-Folien mit Barrierelack. Weitere Forschungsprojekte umfassen BOPE white opaque Folien für Etiketten und Kaltsiegelanwendungen, hoch reißfeste TDO-PE-HD-Folien sowie Folien zum Thermoformen. Diese Innovationen unterstreichen das Potenzial von BOPE für nachhaltige Verpackungsanwendungen.
Biobasierte Folien: Nachhaltige Alternativen zu Kunststoffen
Prof. Dr. Markus Schmid vom Sustainable Packaging Institute (SPI) der Hochschule Albstadt-Sigmaringen präsentierte Forschungsergebnisse zu kunststofffreien Folien und Beschichtungen. Im Fokus stehen biobasierte Materialien wie Proteine, Polysaccharide und Lipide aus Lebensmittel-Nebenströmen als nachhaltige Alternative zu Kunststoffen.
Um eine industrielle Skalierung zu ermöglichen, soll die Produktion künftig im Rolle-zu-Rolle-Verfahren erfolgen. Herausforderungen bestehen insbesondere in der mechanischen Stabilität und Barrierewirkung der Materialien. Das Forschungsprojekt BioShield entwickelt neue Formulierungen und Prozesse zur Verbesserung der Recyclingfähigkeit. Gemeinsam mit Industriepartnern treibt das SPI die Entwicklung kreislauforientierter Verpackungslösungen voran.
Nachhaltigkeit in Fokus
In einer Zeit, in der der Umweltschutz immer mehr an Bedeutung gewinnt, wird die Optimierung von Verpackungen zu einer dringenden gesellschaftlichen Notwendigkeit. Dies wird durch die immer strengeren gesetzlichen Vorgaben untermauert, auf die die Industrie mit innovativen Lösungen reagiert. Das 22. Inno-Meeting in Osnabrück zeigte eindrucksvoll, welche nachhaltigen Verpackungslösungen bereits entwickelt wurden. Karsten Schröder, der als Veranstalter und Moderator durch die Veranstaltung führte, präsentierte ein inspirierendes Programm, das unter dem Motto „Minimalverpackung Flexpack – Trends und Technologien 2025“ wertvolle Impulse setzte und die Teilnehmer zu lebhaften Diskussionen anregte.