Mega-Trends: „Nachhaltigkeit und Recycling“ sowie „Digitalisierung“
Marktumfrage: Sara Alexander, Bobst (Rotogravure, Coating & Laminating)
von Ansgar Wessendorf,
Wie wirken sich die beiden Mega-Trends „Nachhaltigkeit und Recycling“ und „Digitalisierung“ sowie die Corona-Pandemie konkret auf die Geschäftspolitik Ihres Unternehmens aus?
Nachhaltigkeit spielt bei unternehmerischen Entscheidungen eine elementare Rolle. Neben Automatisierung, Digitalisierung und Konnektivität zählt sie zu den vier Säulen der Vision der Bobst-Gruppe. Dieser aktuelle globale Trend hat unsere auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Projekte tatsächlich beschleunigt. Dies reicht von der Nachhaltigkeit der Maschinen bis hin zur Entwicklung neuer Prozesse und recycelbarer Lösungen für flexible Verpackungen. Die Pandemie hat die Notwendigkeit von Anpassungsfähigkeit und Agilität der Unternehmen klar gezeigt.
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Aus Sicht von Bobst ist das Bemühen um die Nachhaltigkeit flexibler Verpackungen ein schon lange in Gang gesetzter Prozess, reicht doch das erste gemeinsame Industrieprojekt zu recycelbaren Beuteln aus einem Monomaterial bis zur K 2016 zurück. Mit der zweiten und bald dritten Generation von Monomaterial-Prozesslösungen sind wir auf die Trends in der Branche gut vorbereitet. Diese Entwicklung wird sich noch weiter beschleunigen. Gleiches gilt für die Digitalisierung und Vernetzung von Maschinen. Auch hier hat Bobst mit Lösungen wie smartGPS und TAPS seit 2007 eine Pionierrolle übernommen. Die Digitalisierung ist eine der Säulen der im Juni 2020 präsentierten Industrievision von Bobst.
Die Corona-Pandemie hat unsere Aktivitäten stark beeinträchtigt: Es gab vorübergehende Schließungen von Standorten und Kundenbetrieben sowie Reisebeschränkungen für Außendiensttechniker und Vertriebsmitarbeiter. Wir waren jedoch in der Lage, unsere Kunden sowohl bei Installationen als auch bei der Fehlersuche durch Remote-Lösungen zu unterstützen. Eine weitere Auswirkung der Pandemie ist der sehr starke Anstieg der Materialkosten und in einigen Fällen die weltweit mangelnde Verfügbarkeit von Rohstoffen und Verbrauchsmaterialien.
Mit welchen Maßnahmen und innovativen Ideen begegnen Sie diesen einschneidenden Umbrüchen?
Wir haben neue Wege beschritten, mit der Branche in Kontakt treten. Präsenzveranstaltungen wurden von Webinaren zu aktuellen Themen und Kundenbesuche gegen Online-Vorführungen von Maschinen ersetzt. Wir haben zahlreiche virtuelle Demonstrationen sowohl für einzelne Kunden als auch größere Gruppen organisiert. So konnten wir trotz aller Einschränkungen nahe bei den Kunden sein und im Rahmen der technischen Möglichkeiten die erforderliche Aufmerksamkeit schaffen. Auch haben wir unsere Investitionen gesteigert und nicht nur auf Maschinenebene Innovationen entwickelt, sondern auch mit Industriepartnern gemeinsam an Projekten gearbeitet – insbesondere bei der Suche nach neuen Lösungen für den Ersatz nicht recycelbarer flexibler Verpackungen. Darüber hinaus unterstützen wir Verbände und Initiativen und engagieren uns aktiv insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit (unter anderem Ceflex und R-Cycle).
Abschließen möchte ich darauf hinweisen, dass wir eine neue Gruppenorganisation zur Transformation unserer Unternehmensstruktur hin zu mehr Agilität eingeführt haben.
Welche neuen Chancen und Möglichkeiten zur Erschließung neuer Geschäftsfelder könnten sich für Sie aus diesen Veränderungsprozessen ergeben?
Die Pandemie hat das Wachstum des E-Commerce vorangetrieben, und es gibt Möglichkeiten, Verpackungen zu verkleinern. Es wird erwartet, dass der Online-Handel auch nach der Pandemie beschleunigt wachsen wird, und die Markenartikler entwickeln spezielle Produktlinien und Verpackungen, um dem neuen Trend gerecht zu werden.
Neue Verpackungslösungen werden entwickelt, die das Versprechen der Markennamen hinsichtlich Qualität und Beständigkeit erfüllen und gleichzeitig die Anforderungen an die Nachhaltigkeit berücksichtigen. Entwickelt werden auch IoT-Lösungen für die weitere Verfolgung und Rückverfolgung sowie die Vernetzung und Kommunikation in der Verpackungsindustrie entlang des Herstellungs- und Druckprozesses. Dazu zählen auch Bemühungen um ein digitales Wasserzeichen auf Verpackungen, um im Recycling die korrekte Sortierung der Verpackungen zu unterstützen.
Wir haben im Umgang mit neuen nachhaltigen Verpackungslösungen umfassende Erfahrung gesammelt. Das hat uns in die Lage versetzt, technische Verbesserungen zur Bedruckung und Weiterverarbeitung dieser in der Regel schwieriger zu handhabenden Materialien zu verbessern.
Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die zukünftige Entwicklung der Verpackungsdruckindustrie ein?
Eine weitergehende Automatisierung der Produktionsanlagen ist erforderlich, um einerseits den Betrieb bei stetig kleineren Auflagen rentabel zu machen und andererseits die Qualität und Konsistenz von Verpackungen sicherzustellen, ohne damit allzu sehr von den individuellen Fähigkeiten der Maschinenbediener abhängig zu sein. Dies erscheint uns auch vor den Hintergrund mangelnden Fachpersonals immer wichtiger.
Es wird eine stärkere Nachfrage nach End-to-End-Lösungen zur Optimierung der Produktionsprozesse durch die nahtlose Integration aller Arbeitsschritte und die Konnektivität zwischen Prozessen und Anlagen geben, die im gesamten Herstell- und Druckprozess miteinander kommunizieren. Wir werden mehr Innovation seitens der Hersteller von Verbrauchsmaterialien in Zusammenarbeit mit den Maschinenherstellern bei der Entwicklung nachhaltiger Verbrauchsmaterialien sehen, ohne die Maschinenleistung zu beeinträchtigen. Darüber hinaus wird die Zahl der Verpackungshersteller zunehmen, die Verfahren wie beispielsweise den Druck mit festem Farbsatz und wasserbasierten Farben sowie kompostierbare Verbrauchsmaterialien einsetzen. Dabei gilt, dass nach Ende der Pandemie Nachhaltigkeit und Hygieneanforderungen bei Verpackungen stärker in Einklang gebracht werden müssen.
Verpackungen können eine wichtige Rolle bei der Kommunikation spielen. Sobald die Gesetzgebung klarer wird, wie verschiedene Verpackungen/Materialien zu entsorgen sind, kann die Industrie eine wichtige Rolle übernehmen, indem sie die Verpackung als Schlüsselinstrument für diese Kommunikation nutzt. Bei den traditionellen Verpackungsarten wird es Verschiebungen geben. Zum Beispiel können Glas- oder Kartonverpackungen gegen flexible Verpackungen ausgetauscht werden und einige flexible Verpackungen durch Papier ersetzt werden. Zudem gibt es vielversprechende Entwicklung im Bereich neuer papierbasierter Lösungen mit hoher Barriere-Wirkung.
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