Mega-Trends: „Nachhaltigkeit und Recycling“ sowie „Digitalisierung“
Marktumfrage: Gavin Rittmeyer, Martin Automatic
von Ansgar Wessendorf,
Wie wirken sich die beiden Mega-Trends „Nachhaltigkeit und Recycling“ und „Digitalisierung“ sowie die Corona-Pandemie konkret auf die Geschäftspolitik Ihres Unternehmens aus?
Nachhaltigkeit und Recycling werden sich weiterhin auf die Verpackungsdruckindustrie auswirken, da das Umweltbewusstsein der Weltbevölkerung und die Notwendigkeit der Abfallreduzierung kontinuierlich zunehmen. Die Forderung nach einem höheren Anteil an recycelbaren Verpackungen wird die Materialforschung weiter vorantreiben – auch bei Verpackungen für kohlensäurehaltige Getränke, die traditionell in Metalldosen oder spritzgegossene Behälter abgefüllt werden. Zusätzlich zu herkömmlichem Zellstoff wird die Verwendung von Naturfasern wie Baumwolle, Hanf und Bambus wahrscheinlich weiter zunehmen. Dies unterstützt nicht nur die Tendenz weg von Materialien auf Erdölbasis, sondern auch die Forderung nach maximaler Wiederverwertbarkeit von Verpackungsmaterialien.
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Mit welchen Maßnahmen und innovativen Ideen begegnen Sie diesen einschneidenden Umbrüchen?
Das Risiko der Unterbrechung von Versorgungsketten, wie wir es in Zeiten von Corona augenblicklich erleben, wird wohl auch in Zukunft weiter bestehen. Gute Geschäftspraktiken verlangen daher, dass wir uns auf diese Situation einstellen. Die Vorbestellung und Bevorratung von Rohstoffen und notwendigen Produktkomponenten wie beispielsweise Computerchips für elektronische Steuerungen ist eine Möglichkeit, sich gegen diese unerwünschten Unterbrechungen abzusichern.
Die Erweiterung unseres Lieferantenstamms und die Nutzung unserer Fähigkeit, derartige Komponenten weltweit und nicht nur von lokalen Lieferanten zu beziehen, ist ein weiteres Instrument zur Einhaltung der Verpflichtungen gegenüber unseren Kunden. Die Pandemie hat auch deutlich gemacht, wie wichtig es ist, eine strategische lokale Fertigung zu entwickeln bzw. wieder aufzubauen und auch aufrechtzuerhalten, um geopolitisch bedingten Risiken in der Lieferkette zu begegnen. Es ist entscheidend, schnell zu erkennen, dass wir nicht mehr so weitermachen können wie bisher und uns entsprechend an die schnell voranschreitenden Veränderungen auf globaler Ebene anzupassen.
Welche neuen Chancen und Möglichkeiten zur Erschließung neuer Geschäftsfelder könnten sich für Sie aus diesen Veränderungsprozessen ergeben?
Es ist wichtig, sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren und diese schnell auf veränderte Marktbedingungen anzuwenden. Wir denken bereits intensiv vorausschauend darüber nach, wie sich unsere Technologien für Bahntransport, Bahnspannungsregelung und Splicing mit den neuen Substraten verhalten, die voraussichtlich von der Materialwissenschaft für die Verpackungsdruckindustrie entwickelt werden.
In der Bahnautomatisierung gibt es viele Möglichkeiten, Personal zu schulen bzw. umzuschulen, um damit den Druck auf die ohnehin schon angespannte Personallage zu mindern. Die globale Krise hat nicht nur Lieferketten unterbrochen, sondern sich auch negativ auf die Qualität des verfügbaren Personals auf dem Arbeitsmarkt ausgewirkt. Verpackungsdrucker müssen die Innovationen ihrer Zulieferer noch genauer unter die Lupe nehmen. Dabei gilt es zu überlegen, wie die Automatisierung von Teilbereichen der Produktion nicht nur zu Produktivitätssteigerungen und Materialeinsparungen führt, sondern auch, wie sich damit eine bereits überlastete oder auch weniger qualifizierte Belegschaft unterstützen lässt.
Wie schätzen Sie vor diesem Hintergrund die zukünftige Entwicklung der Verpackungsdruckindustrie ein?
Trotz all der angesprochenen Probleme hat die Industrie des Verpackungsdrucks noch immer eine vielversprechende Zukunft vor sich. Veränderungen in der Materialwissenschaft werden Innovationen in den Bereichen Druckmaschine, Bahntransport und Automatisierung vorantreiben. Die Digitalisierung wird die Druckereien hin zu einer stärkeren Personalisierung von Verpackungen, neuartigen Verpackungsprodukten und kleineren Auflagen bewegen.
Die Druckereien müssen ein Gleichgewicht finden zwischen dem Streben nach unverwechselbaren und damit erfolgreichen Produkten und dem damit oft einhergehenden höheren Ausschuss und Energieverbrauch. Die Hersteller von Geräten und Anlagen müssen auf diese Problematik reagieren, indem sie die Druckereien dabei unterstützen, durch höhere Automatisierung, beispielsweise im Bereich der Bahnführung, die Effizienz zu steigern, die Zahl der Bedienereingriffe zu verringern und die Makulatur zu reduzieren. Die Suche nach Zulieferern, die diese Herausforderungen annehmen und über die Fähigkeit verfügen, kreativ und effektiv darauf zu reagieren, wird für den Erfolg in den vor uns liegenden schwierigen Zeiten von größter Bedeutung sein.
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