Windmöller & Hölscher (W&H)

Ein Nachruf zum Tod von Siegfried R. Wagner

Bis zu seinem Ausscheiden bei W&H am 31. Januar 1997 war Siegfried R. Wagner Mitglied der Geschäftsführung und gleichzeitig Stellvertreter der persönlich haftenden Gesellschafter, verantwortlich für Verkauf, Marketing, Public Relations und die Rechtsabteilung (Quelle: W&H)

Bereits am 16. Juni verstarb das ehemalige W&H-Geschäftsführungsmitglieds Siegfried R. Wagner im Alter von 89 Jahren. Als herausragende Persönlichkeit prägte er nachhaltig die Geschicke von Windmöller & Hölscher (W&H) und darüber hinaus die flexible Verpackungsindustrie, deren positiven Nachwirkungen bis in die heutige Zeit deutlich zu spüren sind. Siegfried R. Wagner trug entscheidend zur erfolgreichen Entwicklung der Unternehmensgruppe Windmöller & Hölscher bei, die als Lösungsanbieter von Anlagen- und Maschinen zur Herstellung flexibler Verpackungen heute weltweit eine Spitzenstellung einnimmt.

Siegfried R. Wagner wurde am 13. Januar 1932 in Pfarrkirchen in Niederbayern geboren und verbrachte dort seine Kindheit. Nach dem Abitur zog es ihn zum Studium nach München, wo er auch seine spätere Ehefrau Gisela, geborene Windmöller, kennenlernte. Seinem Abschluss als Diplom-Volkswirt an der dortigen Ludwig- Maximilian-Universität folgten weitere Wirtschaftsstudien in Turin und Paris. 1957 legte er dann zusätzlich die erste juristische Staatsprüfung am Bayrischen Staatsministerium der Justiz ab.

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Am 1. Oktober 1958 nahm Siegfried R. Wagner seine Tätigkeit bei Windmöller & Hölscher auf, nachdem er seine erste berufliche Zeit bei der Generaldirektion der Allianz Versicherung in München verbracht hatte. Nach dem Start in der Finanzbuchhaltung und EDV erfolgte bald der Wechsel in den Verkauf. Schwerpunkt waren die Druck- und Beutelmaschinen, später dann das gesamte Programm. 1962 bekam er Prokura und 1965 übernahm er nach dem plötzlichen Tod von Walter Steinbeck sen. die weltweite Verkaufsleitung.

Der Kommunikator

Bis zu seinem Ausscheiden am 31. Januar 1997 war Siegfried R. Wagner Mitglied der Geschäftsführung und gleichzeitig Stellvertreter der persönlich haftenden Gesellschafter, verantwortlich für Verkauf, Marketing, Public Relations und die Rechtsabteilung. Viele internationale Tochtergesellschaften sind unter seiner Verantwortung gegründet und von ihm persönlich eng begleitet worden. Siegfried R. Wagner war in der Welt unterwegs und hatte enge und persönliche Beziehungen zu vielen W&H-Kunden. Dank seines kommunikativen Wesens und der guten Sprachkenntnisse in Englisch, Französisch und Italienisch sowie seiner liebenswürdigen und verbindlichen Art war der gute Kontakt zum Gegenüber immer sehr schnell hergestellt.

Der Auftritt des Unternehmens nach außen, in der Kommunikation, auf den Messeständen und nicht zuletzt im Aussehen der Maschinen waren ihm immer eine Herzensangelegenheit. Siegfried R. Wagner war ein Freund des Wortes, vor allem des gedruckten Wortes. Bereits in der Schulzeit hat er als freier Mitarbeiter in den lokalen Zeitungen seiner Heimat mitgearbeitet. Er war ein eifriger Leser mit hohen Stapeln von Zeitungen, Zeitschriften, Fachpresse und Büchern bei W&H im Büro und auch zu Hause. Als akribischer Gestalter und Autor der W&H-Hauszeitschrift FÜR DICH, von Presseveröffentlichungen, Leserbriefen und Fachartikeln hat er in seiner aktiven Zeit sehr zur guten Außendarstellung des Unternehmens beigetragen und dieses Interesse auch bis ins hohe Alter nicht verloren.

“Design-Revolution”

Sein großes Interesse für Kunst und Fotographie verbunden mit seinem feinen Gespür für Design und Produktnamen haben das W&H Programm nachhaltig beeinflusst. Der größte Meilenstein war hierbei ohne Frage die mit dem externen Designer Rino Bossy konzipierte Umstellung des zuvor grünen Maschinendesigns auf das weiß-rote New Line Design. Weiße Maschinen waren ein komplettes Novum in der bis dahin im Hinblick auf Design sehr konservativen Industrie. Siegfried R. Wagner war bewusst, dass perfektes, ansprechendes, helles Design das Image von Wertigkeit und Sauberkeit transportieren würde. Aber auch er war sicherlich überrascht, was für eine überaus große Welle W&H als Markt- und Meinungsführer hier auslösen würde. Die Kunden waren begeistert und viele gestalteten daraufhin ihre Produktionshallen im sauberen W&H-Design um. Endkunden aus dem Lebensmittel- und Hygienebereich betrachteten die W&H-Maschinen als Inbegriff für Sauberkeit und Performance. Nach und nach folgten alle Wettbewerber der neuen Design-Sprache, die bis heute auch die Grundlage des weiterentwickelten Erscheinungsbilds der Maschinen in dem aktuellen W&H-Programm sind.

Auch die Produktnamen, die uns heute so selbstverständlich über die Lippen gehen, stammen mehrheitlich aus dem unerschöpflichen Fundus von Siegfried R. Wagner. Bis zuletzt hat er mit großer Freude noch neue Maschinennamen für Garant entwickelt.

Gründungsmitglied der DFTA

Sein Interesse und seine Mitarbeit galten auch vielen Gremien mit Bezug zu W&H. Das waren insbesondere die deutsche Flexodruckfachgruppe DFTA, die Siegfried R. Wagner 1979 mitgegründet und viele Jahre eng begleitet hat, und der Messebeirat der Messe PaPro in Düsseldorf, aber auch Redaktionsbeiräte in Fachzeitschriften. Auch in Lengerich und im Münsterland waren seine bekannt vermittelnde Art und seine Kompetenz sehr geschätzt. Er engagierte sich in vielen Organisationen und Institutionen, wie dem Verband Münsterländischer Metallindustrieller und im Regionalausschuss der IHK in Münster. In Lengerich, dem Standort von Windmöller & Hölscher, gehörte er über viele Jahrzehnte dem Verwaltungsrat der Stadtsparkasse und deren Kreditausschuss an.

Nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Tätigkeit blieb er W&H die ganzen Jahre treu verbunden. Er war Gesellschafter und Ehrenvorsitzender des Beirats der Tochtergesellschaft Garant. Seine Lust zum Reisen und Entdecken neuer Länder hat er im Ruhestand zurückstellen müssen, um sich über viele Jahre liebevoll um seine pflegebedürftige Frau zu kümmern.

Der Umgang mit Menschen, die Gespräche mit Geschäftspartnern und Mitarbeitenden waren seine Leidenschaft. Siegfried R. Wagner hat sich mit vollem Engagement für den Erfolg von W&H eingesetzt. Er war jederzeit ein diskussionsbereiter Mitstreiter, immer konsensbereit. Die Belegschaft ebenso wie Führungskräfte, Geschäftsführungsmitglieder und Gesellschafter haben ihn für seine Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit geschätzt. Siegfried R. Wagner hinterlässt seine drei Töchter Elisabeth Braumann, Henriette Wagner und Sylvia Wagner, die nicht nur als Gesellschafterinnen dem Unternehmen Windmöller & Hölscher sehr nahestehen.