Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Ein neues Sprach-TÜV-Monster für die Verpackungsindustrie?

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – Ein neues Sprach-TÜV-Monster für die Verpackungsindustrie?
Initiiert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird am 28. Juni 2025 Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft treten, was für die Angabe von Inhaltsstoffen verpackter Produkte den Einsatz einer „leichten Sprache“ vorschreibt (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

2025 tritt das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales initiierte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Für Verpackungen bedeutet die eine Anordnung zur Verwendung einer sogenannten „Leichten Sprache“ zum besseren Verständnis der aufgedruckten Produktinformationen. In einem Kurzinterview erläutert Monika Mersmann, Expertin für Leichte Sprache, die Umsetzung dieses Gesetzes zum erweiterten Verbraucherschutz.

Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft. Für den Bereich der Verpackung bedeutet dies vor allem den Gebrach einer barrierefreien „Leichten Srache“. Verschwinden damit auch beispielsweise alle Anglizismen?
Monika Mersmann: Die konkreten Anforderungen an die Barrierefreiheit werden erst diesen Sommer gestellt. Es steht jedoch fest, dass das Bundesministerium für Soziales und Arbeit bereits an einer Rechtsverordnung zur „Leichten Sprache“ arbeitet, die Anglizismen komplett verbietet.

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Speziell im Lebensmittelbereich ist es schon heute Pflicht, Angaben zu Inhaltsstoffen zu machen. Muss nun künftig nicht nur beispielsweise auf den Inhaltsstoff „Emulgator“ hingewiesen werden, sondern auch erklärt werden, worum es sich dabei handelt?
Monika Mersmann: Auch hier ist es noch nicht klar geregelt. Laut WCAGs (Web Content Accessibility Guidelines) muss die Sprache verständlich sein. Eine kleine Erklärung über den Emulgator wäre also notwendig, aber es ist noch nicht klar, ob dies auch so umgesetzt wird. Ich könnte mir auch den Einsatz einer Art Glossar vorstellen, das gut zugänglich auf einer entsprechenden Webseite verlinkt wird, da sich solche Inhaltsstoffe ja häufig wiederholen.

Würde dies nicht dem Prinzip der Barrierefreiheit widersprechen?
Monika Mersmann: Selbstverständlich müssen die Informationen gut zugänglich gemacht werden. Ein Hinweis, wo genau die Informationen zu finden sind, könnte hier Abhilfe verschaffen. Ebenso möglich wäre ein QR-Code, der direkt zu den Informationen auf der Webseite leitet. Dort sollte dann möglichst einfach  darüber informiert werden, wie die Seite zu bedienen ist und wo die gesuchten Informationen zu finden sind.

Wird es künftig eine offizielle Institution – eine Art Sprach-TÜV – geben, bei der Inverkehrbringer ihre Verpackungen für den Verkauf freigeben lassen müssen? Oder gibt es eine Beschwerdestelle, bei der Konsumenten auf unverständliche Formulierungen aufmerksam machen können?
Monika Mersmann: Es gibt eine Marktüberwachung auf Länderebene. Hier finden stichprobenartige Überprüfungen statt. Hierbei unterstützt die BAUA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) und übernimmt die Kommunikation zwischen den Bundesländern und auch mit den anderen EU-Mitgliedsstaaten. Konsumenten können sich bei der zuständigen Landesbehörde zur Marktüberwachung beschweren, wenn ein Verpackungsdesign gegen das kommende Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verstößt.

Was könnte einem Inverkehrbringer drohen, der die Sprache seiner Verpackung nicht fristgerecht ändert?
Monika Mersmann: Zunächst wird eine Frist gesetzt, innerhalb derer das Unternehmen seine Verpackung anpassen kann. Falls innerhalb der Frist keine entsprechenden Änderungen vorgenommen werden, kann das Produkt eingeschränkt oder verboten, und dann sogar zurückgerufen oder zurückgenommen werden. Hierbei sind Bußgelder bis 10.000 Euro, teilweise sogar bis zu 100.000 Euro möglich.