Wasserbasierte Farbsysteme für den Foliendruck

Weiterentwicklungen von Bindemittelsystemen und Additiven im Bereich der wasserbasierten Farbsysteme stoßen bei Flexodruckern vermehrt auf reges Interesse. Doch trotz ihrer Leistungsfähigkeit kommen Wasserfarben für den Druck von flexiblen Verpackungen kaum zum Einsatz. Was sind die Gründe dafür? Und wo liegen die Stärken und Grenzen dieser Druckfarben?

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von Dieter Finna

 

Inhalt

Trocknung mit weniger Umluft

Anwendungsgebiete wasserbasierter Verpackungsfarben

Korona-Vorbehandlung

Der Aufbau von Wasserfarben

Prozesse bei der Trocknung

Migrationspotenzial

Handhabung der Druckfarben

Rasterwalzen

Rasterstruktur

Umweltbilanz von Druckfarben

Fazit

 

Trocknung mit weniger Umluft

Für Verpackungsdrucker sind die Entscheidungskriterien für ein Farbsystem vielschichtig und gehen weit über den rein drucktechnischen Vergleich oder die Vorteile verbesserter Umweltkriterien hinaus. Am Ausgangspunkt der Betrachtung steht zunächst der vorhandene Maschinenpark. Dieser muss auf die Anforderungen von Wasserfarben überprüft werden. Grundsätzlich gilt, dass Wasserfarben etwa den dreifachen Trocknungskoeffizienten besitzen wie Lösemittelfarben (LM-Farben). Dies liegt an den unterschiedlichen Verdunstungszahlen von Wasser und den in LM-Farben gebräuchlichen Alkoholen. Die Trocknung auf modernen Maschinen ist für eine entsprechend große Luftmenge ausgelegt und wird bei Wasserfarben mit weniger Umluft betrieben, um die Wassermenge aufnehmen zu können, so dass jede Einzelfarbe ausreichend trocken ist, bevor die nächste Farbe gedruckt wird.

Zu beachten: Höhere Trocknerkapazitäten bei Wasserfarben erhöhen die Energiekosten.

Im Falle einer Investition in eine Flexodruckmaschine für Wasserfarben bestehen keine nennenswerten Kostenvorteile durch den nicht benötigten Ex-Schutz. Die Antriebssysteme heutiger Druckmaschinen sind für alle Farbsysteme gleich ausgelegt. Lediglich die Überwachung der unteren Explosionsgrenze (UEG) entfällt.

Kostenvorteile hingegen ergeben sich, wenn durch die Investition in ein neues Dosiersystem für Wasserfarben der Ex-Schutz in der Farbküche nicht mehr notwendig ist. Generell von Vorteil bei Wasser­farben sind die insgesamt geringeren Kosten für die Anlagenbetreibung, da kaum Emissionslast durch flüchtige organische Verbindungen (VOC) besteht und somit keine ­Abluftreinigungsanlage erforderlich ist.

Vorteil: Geringere Kosten für die Anlagenbetreibung.

 

Anwendungsgebiete wasserbasierter Verpackungsfarben

In der flexiblen Verpackung können wasserbasierte Farbsysteme im Frontal- und Konterdruck von Monofolien sowie bei den kaschierten Verbundfolien eingesetzt werden. Sie erlauben neben dem Bedrucken der gängigen Kunststofffolien Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polyester (PET) und beschichteter Polyolefinfolien (PVDC, Acryl, metallisiert) auch das Bedrucken von Polyamidfolien (PA) und Aluminiumfolien. Typische Anwendungen bei Monofolien liegen beispielsweise im Schwersackbereich, bei Joghurtdeckel, Butterfolien sowie Snack- und Pastaverpackungen. Verbundfolien werden bei Chips und Snacks sowie zum Verpacken von Fleisch-, Wurst- und Käse eingesetzt. Bei der Entwicklung von Wasserfarben der neuesten Generation wurde der Farb- und Verbundhaftung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Allerdings ist die Sterilisationsbeständigkeit von mit Wasserfarben bedruckten Polyamid- und Polyesterverbunden noch nicht gegeben.

Zu beachten: Die Sterilisationsbeständigkeit von mit Wasser­farben bedruckten Polyamid- und Polyesterverbunden ist noch nicht gegeben.

 

Korona-Vorbehandlung

Aufgrund der unpolaren Oberfläche von Verpackungsfolien haften Wasserfarben nur sehr schlecht auf diesen Bedruckstoffen. Wasserfarben besitzen zudem eine höhere Oberflächenspannung als Löse­mittel­farben. Auf der Druckmaschine wird deshalb die Folie, bevor sie in den Druckwerken einläuft, mit Korona vorbehandelt. Durch sie wird die Oberflächenspannung der Folie auf 38 bis 44 mN/m erhöht und gewährleistet auf diese Weise eine gute Benetzbarkeit der Wasserfarben. Ob die Korona-Vorbehandlung ausreichend ist, überprüft der Drucker an der Maschine mit speziellen Teststiften/-tinten.

Trotz einer einwandfreien Vorbehandlung kann es sein, dass die Wasserfarben auf der Folie nicht haften. Der Grund sind unpolare Gleitmittel, die in der Folie enthalten sind. Während die Gleitmittel von LM-Farben aufgelöst werden, benetzen Wasserfarben auf dem Bedruckstoff dort nicht. Die Korona-Vorbehandlung brennt diese dünne Gleitmittelschicht weg.

Zu beachten: Eine ausreichende Korona-Vorbehandlung der Folie ist erforderlich.

 

Der Aufbau von Wasserfarben

Im Aufbau sind sich Wasser- und Lösemittelfarben sehr ähnlich. ­Unterschiede bestehen beim Lösemittel. Beim wasserbasierten Farbsystem ist es das Wasser, das mit etwa 45% den Hauptbestandteil bildet. Zudem können Wasserfarben zur besseren Verdruckbarkeit auf Folien 2–4 % organisches Lösemittel enthalten.

Trotz des möglichen geringen Anteils von organischen Lösemitteln, ist das Problem Lösemittelretention für wasserbasierte Farben kein Thema. Ein weiterer Unterschied zu Lösemittelfarben ist die höhere Anzahl an Funktionsadditiven, mit denen das Leistungsprofil von wässrigen Farbsystemen an
die jeweiligen Anforderungen der Verpackung angepasst werden kann.

Vorteil: Keine Lösemittelretention.

Die Bindemittel der Wasserfarben erlauben einen höheren Pigmentanteil als bei Lösemittelfarben. Da Pigmente der teuerste Rohstoff in einer Druckfarbe sind, wird in der Praxis die Farbauftragsmenge so ausgelegt, dass ein Optimum zwischen Deckkraft und Farbkosten erzielt wird. Die Auswahl der Bindemittel richtet sich nach den geforderten Eigenschaften, die der applizierte Druckfarbenfilm auf der Folie erfüllen muss. Bindemittel beeinflussen die Trocknungsgeschwindigkeit, den Glanz, die Haftung, die Beständigkeit, Echtheit, die Kaschierfähigkeit und Reinigungseigenschaft einer Farbe. Bei der Formulierung von wasserbasierten Farben wird stets die Balance zwischen Verdruckbarkeit und den geforderten Echtheitseigenschaften gewählt. Eine hohe Wasserfestigkeit erfordert einen höheren Anteil an wässrigen Bindemitteln in der Dispersion, der sich zum einen positiv auf Haftung und Glanz auswirkt, zum anderen jedoch eine schnelle Farbtrocknung begünstigt, aber gleichzeitig den Reinigungsaufwand erhöht.

Vorteil: Hohe Deckkraft im Vollflächendruck.

Zu beachten: Reinigungsaufwand höher.

 

Prozesse bei der Trocknung

Wasserfarben benötigen Ammoniak oder ein organisches Amin, um die Bindemittel wasserlöslich zu machen. Beim Trocknen der Druckfarbe entweicht nicht nur das Hauptlösemittel Wasser, sondern auch Ammoniak oder Amin als leicht flüchtige Bestandteile aus dem Druckfarbenfilm, wodurch dieser dann wasserfest wird. Bei den heutigen wasserbasierten Farbsystemen gehört der unangenehm stechende Geruch von Ammoniak oder Amin im Drucksaal der Vergangenheit an.

 

Migrationspotenzial

Während das Wasser ein ökologisch freundlicher Bestandteil ist, bestehen die anderen Komponenten einer wasserbasierten Druckfarbe fast ausschließlich aus synthetischen Rohstoffen, die aus petrochemischen Produkten gewonnen werden. Da sie Polymere mit einem Molekulargewicht <1000 D enthalten können, ist auch bei Wasserfarben ein Migrationspotenzial durchaus gegeben. Es ist deshalb zu prüfen, ob sie für den Druck von Lebensmittelverpackungen geeignet sind.

Zu beachten: Das Migrationspotenzial ist auch bei Wasserfarben zu überprüfen.

 

Handhabung der Druckfarben

Mögliche Schaumbildung und ein relativ schlechtes Reinigungsverhalten im Vergleich zu Lösemittelfarben machen die Handhabung von Wasserfarben schwieriger. Zur Reinigung von Druckmaschine und Druckgeschirr sind spezielle Reiniger notwendig. Auch ist der Reinigungszyklus von Rasterwalzen höher. Maschinen und Anlagen müssen so ausgelegt sein, dass sie vor Korrosion geschützt sind.

Ein wesentlicher Vorteil ist, dass bei Wasserfarben ein Zukauf und das Handling von Lösemitteln wie Ethanol, n-Propanol, Ethoxypropanol oder Estern wie Ethylacetat nicht mehr notwendig ist, wodurch beträchtliche Kosteneinsparungen erzielt werden.

Ein Nachteil sind die Abwässer, die beim Reinigen entstehen. Sie müssen aufbereitet bzw. separat entsorgt werden.

Vorteil: Einsparung der Lösemittelkosten.

Zu beachten: Höherer Energiebedarf für die Farbtrocknung. Es ­entstehen zusätzliche Kosten für Spezialreiniger und die Abwasseraufbereitung.

 

Rasterwalzen

Im Druck erschweren die polaren Kräfte von Wasserfarben eine optimale Näpfchenentleerung der Rasterwalzen beziehungsweise die Verdruckung dieser Farbsysteme. Einige Empfehlungen gehen darum zu Rasterwalzen mit geringen Näpfchentiefen („flachere Näpfchen“), die sich dadurch gut entleeren lassen. Durch die Möglichkeit Wasserfarben mit einem relativ hohen Pigmentanteil zu formulieren, ist auch bei niedrigen Farbschichtdicken eine gute Farbdeckung erzielbar. Im Rasterdruck wirken sich die polaren Kräfte der Wasserfarben positiv in einem punktscharfen Druck aus.

Für ein gutes Liegen der Farbe benötigen Wasserfarben eine ausreichende Schichtdicke, was wiederum mit tieferen Näpfchen der ­Rasterwalzen besser zu erreichen ist. Im Ausdruck von homogenen und geschlossenen Volltonflächen kommen Wasserfarben teils nicht ganz an die Qualität von Lösemittelfarben heran. Sie weisen oft eine unruhige, „grieselige“ Struktur auf. Doch durch die richtige Definition der Spezifikationen für Rasterwalze und Druckplatte kann allerdings ein gutes Farbliegen erzielt werden.

Zu beachten: Teilweise etwas schlechter im Ausdruck von Flächen.

Wasserfarben zeichnen sich durch eine gute Druckstabilität aus, weil eine Viskositätsregelung wie bei den schnellverdunstenden Lösemittelfarben nicht notwendig ist. Ferner sind die Reinigungszyklen der Druckplatten länger, da durch die geringe Farbschichtdicke eine Überfärbung der Platten vermieden wird.

Die Stabilität des Druckprozesses hängt auch von der Quellung der Flexodruckplatten im Kontakt mit der Farbe ab. Wasserfarben sind in dieser Hinsicht deutlich unkritischer als Lösemittelfarben. Das Druckbild bleibt bei Wasserfarben durch die nur geringe Quellung der Platten auch bei höheren Auflagen sehr konstant und der Druckprozess stabil.

Vorteil: Stabiler Druckprozess.

Wasserfarben kommen an die üblichen Produktionsgeschwindigkeiten von LM-Farben nicht heran. Problematisch sind speziell im Frontaldruck vollflächig gedruckte Farben, wie z.B. Weiß. Hier reicht die kurze Zwischentrocknung der Zentralzylinder-Flexodruckmaschine oft nicht aus, so dass die Druckgeschwindigkeit erheblich reduziert werden muss. Im Frontaldruck von Halbtönen mit Weiß werden Geschwindigkeiten bis zu 250 m/min erreicht, im Konterdruck mit Weiß bis zu 400 m/min.

Zu beachten: Bei Wasserfarben ist die Druckgeschwindigkeit aufgrund ihres Trocknungsverhaltens langsamer.

 

Rasterstruktur

Neben der gängigen Hexagonalstruktur gibt es Rasterwalzen mit flachen, offenen Kanalstrukturen, die etwa 30 bis 40% feiner sind als konventionelle Rasterwalzen. Diese Walzen sollen laut Aussage eines Rasterwalzenherstellers über eine ausgezeichnete Farbentleerung bzw. Farbübertragung verfügen. Auch soll die offene Kanalstruktur den Eintrag von Luft in die Farbe verhindern, so dass bei Wasserfarben die zusätzliche Zugabe von Entschäumer während des Fortdrucks nicht mehr notwendig ist. Die Farbe liegt laut Hersteller besser auf der Folienoberfläche, was sich positiv hinsichtlich eines homogenen Ausdrucks von Vollflächen auswirkt.

 

Umweltbilanz von Druckfarben

Bei der Betrachtung der Umweltbilanz von Druckfarben ist man geneigt, ein wasserbasiertes Farbsystem mit einer hohen Umweltfreundlichkeit zu verbinden. Da Löse- und Bindemittel in Lösemittelfarben ­(Nitrozellulose-Farben) zunehmend auf nachwachsenden Rohstoffen basieren, wirkt sich dies positiv in der Umweltbilanz aus. Im Vergleich dazu kommen für die Formulierung von Wasserfarben petrochemische Komponenten zum Einsatz.

Wasserfarben verursachen zwar keine VOC-Emissionen, doch steht dem ein erhöhter Energiebedarf für die Trocknung gegenüber. Das verdunstete Lösemittel aus den lösemittelbasierten Farben wird über die Abluftreinigung energetisch wiederverwertet, indem es für die Temperierung der Trocknerluft oder zur Beheizung des Firmengebäudes genutzt wird.

Für einen fairen Vergleich von Farbsystemen hinsichtlich ihrer Umweltbilanz ist allerdings der gesamte Lebenszyklus zu betrachten – von der Herstellung der Ausgangsstoffe über die Produktion und Verdruckung von Druckfarben bis hin zur Entsorgung der gedruckten Verpackung.

Zu beachten: Wasserfarben haben nicht per se eine bessere Umweltbilanz.

 

Fazit

Wasserbasierte Farbsysteme für die Bedruckung von Verpackungsfolien stellen aufgrund ihrer Weiterentwicklungen bei Bindemitteln und Additiven eine überzeugende Alternative zu Lösemittelfarben dar. Doch der Großteil der Verpackungs- bzw. Flexodrucker arbeitet mit lösemittelbasierten Farbsystemen und hat seinen gesamten Druckprozess darauf abgestimmt. Ein Wechsel oder die parallele Einführung von Wasserfarben zu den Lösemittelfarben ist deshalb mit hohem technischen und personellen Aufwand sowie mit hohen Kosten verbunden.

Allerdings können sich Flexodrucker, die frühzeitig in ein modernes wasserbasiertes System investieren, als „grüne Verpackungsfoliendrucker“ im Markt profilieren. Auch sind sie gewappnet, wenn von Seiten der Markenartikler und Handelsunternehmen die Nachfrage nach „ökologischen Folienverpackungen“ anziehen sollte. Zudem sind sie wahrscheinlich besser für eventuelle gesetzliche Änderungen oder Einführung neuer Verordnungen gerüstet – auch wenn Wasserfarben gegenüber Lösemittelfarben nicht per se eine bessere Umweltbilanz aufweisen.