Flexo+Tief-Druck: Wo geht es hin in der Verpackungsherstellung?
Marktumfrage 2023: Dr. Uwe Stebani, Senior Director Operations EMEA East bei SGK
von Ansgar Wessendorf,
Was kann Ihrer Ansicht nach getan werden, dass vielfach negative Image sowie die oft unterschätzte Bedeutung von Verpackungen zu korrigieren, um damit eine mehr sachgerechte Beurteilung durch Konsumenten und Staat zu erreichen?
Tatsächlich ist das Image der Verpackung in der breiten Öffentlichkeit nicht besonders gut. Bilder von vermüllten Stränden, Delfinen gefangen in Fischernetzen oder Schildkröten mit Plastiktaschen um den Hals erzeugen dabei eine hohe emotionale Wirkung. Initiativen wie „Fridays for Future“ und die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ tragen das kritische Bild von Verpackungen sowie die Folgen eines ungehemmten Ressourcenverbrauchs ins breite Bewusstsein der Öffentlichkeit. In dieser emotional aufgeladenen Atmosphäre ist es extrem schwer, einer zunächst einmal subjektiven Meinung über Verpackungen und dem Gefühl, irgendetwas gegen Verpackungsabfall tun zu müssen, mit rationalen Argumenten entgegenzutreten. Zusätzlich verkompliziert wird die sachliche Diskussion dadurch, dass der ökologische Fußabdruck von Verpackungsalternativen nur schwer zu beurteilen ist, da die heutigen Erzeuger- und Lieferketten sehr komplex sind. Ausführliche Studien sind notwendig, um eine fundierte Aussage über die gesamten ökologischen Auswirkungen einer bestimmten Verpackungsart machen zu können. Einflußfaktoren wie Materialerzeugung, Transport, grundsätzliche Rezyklierfähigkeit und dafür bestehende Stoffströme, sowie letztendlich auch die Funktion einer Verpackung als Schutz des verpackten Gutes müssen dabei betrachtet werden.
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Eine simple Betrachtung der Verpackung bzw. des Materials alleine ist nie ausreichend für eine abschließende Beurteilung von Alternativen. Als Beispiel seien hier die Verpackung von Flüssigkeiten in Glasflaschen, PET-Flaschen oder Getränkekartonagen genannt. Dennoch ist die Versachlichung der Diskussion für mich der einzige Weg, das Bild in der Öffentlichkeit zumindest etwas zu korrigieren. Dabei denke ich weniger an Organisationen, die Lobbyarbeit im besten Sinne leisten sollten. In einer emotional aufgeladenen Atmosphäre werden diese immer dem Vorwurf der Parteilichkeit ausgesetzt sein. Ich glaube tatsächlich, dass es auch an jedem einzelnen liegt, der in der Verpackungsindustrie beschäftigt ist, deutlich zu machen, dass Verpackungen grundsätzlich das verpackte Gut schützen und damit einen sinnvollen ökologischen Nutzen haben. Denn in den allermeisten Fällen ist das verpackte Gut der Teil, der den höchsten ökologischen Fußabdruck aufweist. Und es liegt auch ganz konkret bei jedem von uns selbst dafür zu sorgen, dass Verpackungen dem Wertstoffstrom zurückgeführt werden und nicht irgendwo in der Natur landen.
Welche konkreten Maßnahmen unternehmen Sie in Ihrem Bereich der Wertschöpfungskette zur Förderung der Nachhaltigkeit von Verpackungen ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit?
Wir bei SGK beschäftigen uns auch mit dem Design von Verpackungen bis hin zur Verpackungsentwicklung. In dieser Wertschöpfungsstufe innerhalb der Verpackungsentwicklung hat man einen großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit: welches Material wird verwendet, ist der Materialeinsatz von der Menge her optimiert, lässt es sich zu einem möglichst großen Anteil rezyklieren. Es ist manchmal überraschend, dass auch ein erheblicher Beratungsaufwand notwendig ist, um Kunden von ökologischeren Alternativen zu überzeugen.
Gelegentlich wird immer noch ein vermeintlicher Verbraucherwunsch vorgeschoben, um eine gefühlsmäßig bequemere, aber weniger nachhaltige Verpackung zu favorisieren. Hier kann ich nur an jeden von uns als Konsument appellieren, auch beim eigenen Kaufverhalten konsequent zu handeln. Daneben bemühen wir uns auch in den Bereichen, in denen wir begleitende Services anbieten wie z.B. der Übertragung von Designdaten in druckfertige Klischees, kontinuierlich unseren Beitrag zur Reduktion des CO2-Fussabdrucks durch effizienten Materialeinsatz und Einsparung von Ressourcen, auch im Detail, zu leisten.
Wie beurteilen Sie persönlich die Zukunftsfähigkeit der Verpackungsbranche?
In der Tat sind die wirtschaftliche Lage und die Aussicht auf die nächsten Wochen und Monate so unsicher wie schon lange nicht mehr. Die äußeren Umstände, insbesondere der Krieg in der Ukraine und die hohen Inflationsraten, erzeugen ein hohes Maß an Verunsicherung, sowohl bei den Verbrauchern und damit im Binnenmarkt, als auch im internationalen Umfeld und somit in der exportorientierten Industrie. Dennoch gibt es erste Anzeichen von Änderungen zum Positiven: Energiepreise stabilisieren sich oder beginnen sich wieder auf einem Niveau einzupendeln, das man vor der Ukrainekrise kannte. Ebenso ist die Verfügbarkeit von Verpackungsmaterialien wieder deutlich entspannter.
Erste Druckereien berichten davon, dass Materiallieferanten wieder aktiv um Geschäft anfragen, nachdem es monatelang nur Zuteilungen gab und normaler Bedarf teilweise nicht bedient werden konnte. Sollten nun auch die Endverbraucher wieder vermehrt Zutrauen in ihre eigene persönliche Situation finden und damit der Konsumentenmarkt sich spürbar beleben, so könnte die Verpackungsindustrie in Deutschland wieder einen deutlichen Aufschwung erleben. Experten sprechen mittlerweile auch davon, dass die Inflation nicht mehr so sehr nachfrage- oder rohstoffpreisgetrieben mehr ist, sondern margengetrieben. Einige Firmen haben ihre starke Marktposition unter den gegebenen Umständen erkannt und nutzen ihre Preissetzungsmacht, um deutlich bessere Gewinnspannen durchzusetzen. Aber auch hier bin ich der Überzeugung, dass Wettbewerb und die konstante Suche nach Alternativen das Geschehen in den kommenden Monaten beruhigen wird. Trotz meines Optimismus sehe ich diese Entwicklung aber mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Eine verbesserte wirtschaftliche Situation nimmt zum einen den Druck von den augenblicklichen intensiven Bemühungen zu Kosteneinsparungen, auf der anderen Seite haben die allgemeinen Kostensteigerungen dazu geführt, dass Energie- und Materialverbrauch sehr stark hinterfragt wurde und damit zu einem bewussteren Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen unseres Planeten geführt hat.