Das Erforschen und Entwickeln von Verpackungskonzepten mit maßgeschneiderten Eigenschaften sowie neuen End-of-Life Optionen auf Basis von biobasierten Polymeren ist die Zielsetzung des EU-Verbundprojekts BIOnTop (Grant Agreement Number GA 837761).
Packstoffe auf Polymilchsäurebasis für die Anwendung als Produktverpackung zum Beispiel für flexible Folien oder Schalen für Lebensmittelverpackungen sollen unter anderem mit geeigneten biobasierten Gasbarriereschichten ausgestattet werden. Polymilchsäure (PLA) wurde ausgewählt, da sie die vielversprechendste biobasierte Alternative darstellt und für einen breiten Anwendungsbereich prinzipiell geeignet ist und damit als massentauglich eingestuft wird. Außerdem, sind technische Verarbeitungseigenschaften von PLA weitgehend bekannt. Die neuen Packmittel sollen eine Alternative zu petrochemischen Kunststoffen darstellen mit neuen End-of-life Optionen wie einer Heimkompostierbarkeit oder Meerwasserabbaubarkeit. Für einige Produkte kann PLA bereits eingesetzt werden. Jedoch für die Verpackung von Produkten mit mittlerer oder längerer Haltbarkeit sind diese Verpackungen aufgrund der ungenügenden Sauerstoff- und Wasserdampfbarriereeigenschaften nicht geeignet.
Anzeige
Mit Proteinen beschichten
Hier setzt das Forscherteam des Sustainable Packaging Institute (SPI) der Hochschule Albstadt-Sigmaringen an. Die Wissenschaftler der Gruppe „Biopolymer processing and functionalization“ fokussieren sich innerhalb des BIOnTop Projektes auf die Entwicklung biobasierter Barrierematerialien. Dabei steht die Erarbeitung von Proteinbeschichtungen und nanoskalige Oberflächenfunktionalisierung mittels Pfropfung von Fettsäuren im Mittelpunkt. Proteinbeschichtungen aus Molkenprotein werden als Ersatz für Ethylen-Vinyl-Alkohol-Copolymere (EVOH) verwendet, die in der Regel in der Verpackungsindustrie zum Verringern der Sauerstoffpermeation eingesetzt werden. EVOH ist ein petrochemisch basiertes Material, ist nicht biologisch abbaubar und wird meist in Mehrschichtverbunde integriert.
Die Molkenproteinbeschichtungen sollen dann mittels Pfropfung von Fettsäuren eine wasserabweisende Oberfläche bekommen, um die Restentleerbarkeit von Verpackungen zu verbessern, und geringere Wasserdampfpermeationswerte zu erreichen. Eine direkte Fettsäurepfropfung auf wenig modifizierter Polymilchsäurefolien wurde in Vorversuchen getestet, welche zeigten, dass die Pfropfdichte nicht ausreicht, um die Wasserdampfpermeation signifikant zu reduzieren. Eine geringere Permeation von PLA-Folien konnte durch den Pfropfprozess zwar erreicht werden, diese Effekte sind aber auf die Temperaturbehandlung der PLA-Folie zurückzuführen welche zu einer Umkristallisation führten.
Fettsäuren weisen Wasser ab
Um die Fettsäurepfropfreaktion zu ermöglichen, wurde Molkenproteinfolie hergestellt und mit den Fettsäuren Myristinsäure, Palmitinsäure oder Stearinsäure die Oberfläche funktionalisiert. Die Proteinoberfläche der Molkenproteinfolie, die auch als Beschichtungsmaterial eingesetzt werden kann, erwies sich als sehr gute Oberfläche für die Fettsäurepfropfreaktion. Durch die Pfropfreaktion konnten die Fettsäuren kovalent an die Proteinoberfläche gebunden werden und bildeten eine wasserabweisende Oberfläche (Abbildung 1). Durch die Oberflächenfunktionalisierung mit Fettsäuren konnte die Wasserdampftransmissionsrate der Molkenprotein-basierten Folien um über 79% reduziert werden. Ziel ist durch weiteres Verbessern des Prozesses eine Reduktion der Wasserdampfpermeabilität von 90% zu erreichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Auswahl der Fettsäuren einen großen Einfluss auf die Barriereverbesserungen hat.
Steigende Temperatur erhöht Verknüpfung
Des Weiteren untersuchte das Forscherteam der Gruppe „Biopolymer processing and functionalization“ unter der Leitung von Frau Dr. Corina Reichert den Effekt der Prozesstemperatur während des Fettsäuretransfers über ein Transmitterpapier. Abbildung 2 zeigt die Abhängigkeit der Temperatur während der Fettsäurepfropfreaktion mit Palmitinsäure auf die Wasserdampfpermeation der Molkenproteinfolie. Hierbei wurden deutliche Effekte erzielt, was darauf hindeutet, dass die kovalente Verknüpfung mit Fettsäurechloriden auf der Proteinoberfläche mit steigender Temperatur verstärkt wird.
Ähnliche Trends konnte auch mit Myristin- und Stearinsäure erzielt werden. Eine maximale Temperatur von 160 °C für die Fettsäurepfropfung wurde definiert, da sie unter dem Schmelzpunkt von Polymilchsäurefolien liegt wofür die Proteinbeschichtungen entwickelt werden. Die Fettsäurepfropfreaktion zeigte auch einen Effekt auf die wasserabweisenden Eigenschaften der Molkenproteinfolie. Der Kontaktwinkel stieg auf über 100°, was zeigt, dass die Fettsäuren eine hydrophobe Oberfläche generieren auf einer ansonsten sehr hydrophilen Proteinschicht. Die Abbildung zeigt einen Wassertropfen auf der hydrophilen Proteinoberfläche und auf der hydrophoben mit Fettsäuren funktionalisierten Proteinoberfläche unten.