Im Rahmen der Farbprozesskontrolle werden Schnittstellen quasi zu „MIS-Systemen“. Die Einbeziehung und Bereitstellung der relevanten Maschinenparameter, Daten aus der Druckvorstufe und Farbvorbereitung wird dabei immer wichtiger. Der Artikel stellt aktuelle Trends bei den Softwarelösungen für die Farbkontrolle im Druckprozess anhand konkreter Produktbeispiele vor.
von Jan-Peter Homann
Inhalt
Schnittstellen und Datenaustausch
Schnittstelle zur Farbvorbereitung: ColorTrack
Schnittstelle zur Druckmaschine: InkPilot
Fazit
In Abhängigkeit zum Produktionsauftrag unterliegt die Farbprozesskontrolle im Flexo- und Tiefdruck unterschiedlichen Parametern und Rahmenbedingungen. Dies betrifft Druckaufträge mit Sonderfarben, die je nach Substrat und Maschinenkonfiguration in ihren Sollwerten abweichen können. Die Sollwerte für die Prozessfarben werden über die Fingerprints definiert, die in Abhängigkeit zu der Anzahl der Druckformlieferanten (speziell im Flexodruck) eine nicht unerhebliche Menge darstellen können.
Dazu kommen Vorgaben von Markenartiklern, die einzuhalten sind, der Wunsch die aktuelle Maschinenkonfiguration zusammen mit den Messdaten zu dokumentieren oder die Notwendigkeit beim Einrichten eines Auftrags auf der Druckmaschine noch Farbkorrekturen an Sonderfarben durchzuführen. Für den Drucker an der Maschine bzw. für die Arbeitsvorbereitung bedeutet dies, dass jeder Job zur Farbprozesskontrolle individuell konfiguriert werden muss.
Für eine auftragsbezogene, erfolgreiche Farbkontrolle in der Druckmaschine müssen für die korrekte Eingabe der Parameter folgende Fragen zu beantworten:
– Welche Farben mit welchen Tonwertabstufungen sollen kontrolliert werden?
– Wie sieht das Layout des Messkeils zu Prozesskontrolle aus, bzw. wo im Druckmotiv soll gemessen werden?
– Was sind die Sollwerte der einzelnen Farben zur Prozesskontrolle?
– Welche Farbtoleranzen sind für den Auftrag definiert?
So gut wie alle Softwarelösungen zur Farbprozesskontrolle im Flexo- und Tiefdruck nutzen für auftragsbezogene Einstellungen komplexe Systeme mit Templates und Bibliotheken. Die Pflege der Parameter und eine auf den jeweiligen Auftrag bezogene Konfiguration zur Farbprozesskontrolle sind mit hohem Aufwand verbunden und erfordern spezielles Fachwissen.
Schnittstellen und Datenaustausch
Zwar sind alle notwendigen Informationen im Druckereibetrieb vorhanden, jedoch müssen sie in der Software zur Farbprozesskontrolle separat eingepflegt werden. Das MIS-System bzw. die Auftragsverwaltung gibt genau Auskunft darüber, mit welcher Farbserie, Farbwerksbelegung und Maschinenkonfiguration auf welchem Substrat gedruckt werden soll. In der Farbvorbereitung erhält man die verbindlichen Sollwerte für die Sonderfarben, die es im Druck zu erreichen gilt. In der Druckvorstufe werden das Verpackungslayout sowie die Position der Kontrollkeile festgelegt. Und die Druckmaschine verfügt über eine Vielzahl von Maschinendaten, die in den Kontrollprozess mit zu berücksichtigen sind. Verschiedene Anbieter von Softwarelösungen zur Farbprozesskontrolle bieten mittlerweile fertige Schnittstellen oder setzen Projekte auf, um einen druckereispezifischen Datenaustausch zu realisieren. Eine klug aufgesetzte Verbindung zwischen MIS-System und Farbprozesskontrolle kann die Konfiguration eines Druckauftrages deutlich vereinfachen. Zudem lässt sich dadurch das Datenhandling in vielen Fällen stark reduzieren.
Je nach MIS-System und Softwarelösung zur Farbprozesskontrolle kann der Datenaustausch mit unterschiedlichen technischen Mitteln realisiert werden. So können beispielsweise aus dem MIS-System CSV, TXT- oder XML-Dateien exportiert werden, die in der Software zur Farbprozesskontrolle importiert werden, oder die Systeme kommunizieren direkt auf Datenbank-Ebene miteinander. Neben diesen technischen Möglichkeiten ist es aber noch wichtiger zu analysieren, wie die Aufträge im MIS-System aufgebaut sind und welche dieser Informationen der Lösung zur Farbprozesskontrolle übergeben werden können. Beide Rahmenbedingungen zusammen ergeben immer eine Lösung, die druckereispezifisch aufgesetzt wird.
Sowohl X-Rite, ColorCert als auch MeasureColor verfügen über verschiedenen technische Schnittstellen für die Datenübernahme aus MIS-Systemen, als auch über Spezialisten, die maßgeschneiderte Projekte für Druckereien aufsetzen können. Beide Softwarelösungen übernehmen optional die Sollwerte zur Prozesskontrolle aus der PantoneLive-Cloud. X-Rite ColorCert unterstützt bei Handmessgeräten naturgemäß X-Rite-Geräte, während MeasureColor auch Geräte anderer Hersteller (z.B. Techkon) anbindet.
Beide Lösungen bieten einen manuellen Datenexport zur Farbrezeptierung, um die Messwerte aus der Prozesskontrolle für ein Korrekturrezept an der Druckmaschine zu nutzen. Eine direkte Datenbankanbindung an X-Rite InkFormulation ist allerdings nicht möglich. Der Drucker an der Maschine, muss daher für die Farbkorrektur wissen, mit welchem Startrezept er arbeiten soll und dieses vorab manuell auswählen.
Schnittstelle zur Farbvorbereitung: ColorTrack
ColorTrack von QuadTech ist bislang die erste und einzige Softwarelösung, die eine vollständige Integration zwischen der Farbvorbereitung mit X-Rite InkFormulation und der Farbprozesskontrolle bietet.
Die Lösung nutzt direkt die Rezeptdatenbank von InkFormulation, um daraus die Sollwerte zur Prozesskontrolle einer Sonderfarbe auszulesen. Eine separate Datenverwaltung in der Farbvorbereitung und in der Farbkontrolle an der Druckmaschine ist nicht mehr notwendig.
Kontrolliert der Drucker messtechnisch eine Sonderfarbe an der Maschine, weiß das System automatisch, welches Rezept aus der Farbvorbereitung dazugehört. Die Berechnung eines Korrekturrezeptes bedarf nur noch ein Mausklick. Das korrigierte Farbrezept kann in der Datenbank für die Farbvorbereitung gespeichert werden, um es bei einem Folgeauftrag direkt an der Dosieranlage schicken zu können.
Diese Schnittstelle zwischen Farbvorbereitung und Druckprozesskontrolle ist wesentlich zielführender als beispielsweise der manuelle Datenaustausch zwischen den X-Rite-Produkten ColorCert und InkFormulation. Neben der Kontrolle von Sonderfarben bietet QuadTech ColorTrack zusätzlich auch die Kontrolle von Prozessfarben (einschließlich Tonwertzunahmen) an. Darüber hinaus hat Quadtech ein eigenes Modell entwickelt, das auch die Kontrolle überdruckender Farben ermöglicht.
Von Seiten der Messtechnik werden sowohl die verschiedenen X-Rite-Handmessgeräte, als auch die Inline-Spektralfotometer von Quadtech unterstützt. Mit dem Letztgenannten gibt es somit am Markt zum ersten Mal eine integrierte Lösung von der Farbvorbereitung bis zur Inline-Farbmessung in der Maschine – und in umgekehrter Richtung. Da eine solche Lösung einen Überblick auf den gesamten Farbprozess in einer Druckerei benötigt, lizenziert Quadtech seine Software auch an Firmen mit entsprechendem Know-How. So vertreibt der Druckfarbenhersteller Hubergroup ColorTrack unter dem Namen „Hu-Track“.
Schnittstelle zur Druckmaschine: InkPilot
Moderne (Flexo)-Druckmaschinen erfassen pro Druckauftrag eine Vielzahl von Parametern, wie zum Beispiel Farbwerksbelegung, Produktionsgeschwindigkeit, Farbtemperatur, Farbviskosität und Druckbeistellung Um einen Drucklauf zu dokumentieren, gibt es eine Reihe von Szenarien, wo es sinnvoll sein kann, die aktuellen Einstellparameter einer Druckmaschine als Zusatz-Informationen (Metadaten) zu den Messwerten abzuspeichern. So lässt sich schnell nachvollziehen, ob die Maschine wie der Fingerprint eingestellt ist. Dabei soll der Fingerprint in Form eines Proofs oder wie ein Wiederholungsauftrag nachgestellt werden. Eine allgemeine Schnittstelle für den Datentransfer von der Druckmaschine zu externen Softwarelösungen ist man derzeit noch weit entfernt. In dieser Hinsicht ist eine Realisierung daher eher von den Druckmaschinenherstellern zu erwarten, die eigene Softwares zur Kontrolle des Druckprozesses auf den Markt anbieten. Bobst Bielefeld ist diesen Weg mit der „InkPilot Bobst Edition“ gegangen. Der InkPilot ist eine von der Firma Flexicon entwickelte Software zur Prozesskontrolle, die seit vielen Jahren als eigenständige Lösung am Markt vertrieben wird.
Die „InkPilot Bobst Edition“ verfügt über eine zusätzliche Schnittstelle zur Druckmaschine, die auf Knopfdruck eine große Menge an Druckmaschinendaten abspeichert. Auf Wunsch können die aktuellen Maschinenparameter mit denen eines Referenzjobs verglichen werden. Die Lösung ist derzeit nur als Teil des Gesamtpakets „Bobst Color“ erhältlich, die zusätzlich einen Messtisch mit Normlicht in der Formatgröße der Druckmaschine, ein scannendes Spektralfotometer sowie X-Rite InkFormulation für Korrekturrezepte einschließlich einer Waage enthält.
Fazit
Schnittstellen zu externen Systemen, werden bei der Farbprozesskontrolle für die nächsten Jahre eines der zentralen Themen sein. Die Einbindung der Farbvorbereitung an die Qualitätskontrolle und Farbkorrektur ist bei QuadTech Colortrack und den Lizenzpartnern vorbildlich gelöst. Die InkPilot Bobst Edition liest Maschinendaten auf Knopfdruck ein. Mit X-Rite ColorCert und MeasureColor lassen sich MIS-Systeme individuell anbinden.