Flexo vs. Inkjet: Welche Technologie ist im Vorteil?
von Ansgar Wessendorf,
Der Digitaldruck wächst und in kurzen Abständen kommen immer wieder neue Lösungen auf den Markt. In diesem Zusammenhang wird auch die Frage nach der künftigen Bedeutung des Flexodrucks für Anwendungen im Verpackungs- und Etikettenbereich gestellt. Wie gestaltet sich vor diesem Hintergrund die aktuelle und zukünftige Situation des Verfahrens?
Wie ein lautes Kind in einer öffentlichen Bibliothek, so zieht auch der Digitaldruck große Aufmerksamkeit auf sich. Dabei hat er aktuell wertmäßig lediglich einen Anteil von etwa 10% an der gesamten europäischen Produktion von Verpackungen und Selbstklebeetiketten und liegt, bezogen auf das Volumen, sogar noch darunter. Der Flexodruck als derzeit dominierendes Vefahren fühlt sich besonders durch den Digitaldruck herausgefordert – insbesondere durch den Inkjet-Druckt. In dieser Kontroverse gibt es viele fragwürdige „Fakten“, allerdings gelten die folgenden Punkte als unbestritten:
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Druckgeschwindigkeit: Der Flexodruck erreicht Geschwindigkeiten von 200 bis 500 m/min und ist somit noch immer wesentlich schneller als das InkjetVerfahren, das diesen Rückstand allerdings allmählich aber stetig verringert.
Technologie: Der Flexodruck ist ein etabliertes, dem Maschinenpersonal vertrautes Verfahren. Im Gegensatz dazu ist die Inkjet-Technologie jedoch unter Umständen eine ihm völlig fremde „Black Box“.
Rüstzeiten: Sie sind im Flexodruck noch immer recht lang, doch verfahrenstechnische Fortschritte werden sie weiter verringern. Für den Inkjet-Druck fallen nahezu keine Rüstzeiten an.
Druckplatten: Die Plattenherstellung ist zeit- und kostenaufwändig. Beim Inkjetdruck erfolgt die Motivübertragung direkt aus dem Datenbestand.
Kosten: Allgmein gilt, dass der Flexodruck für große, das Inkjet-Verfahren für kleine Auflagen kostengünstiger ist. Es gibt jedoch keine Übereinstimmung über den entsprechenden Breakeven-Punkt. Die meisten Experten verorten ihn im Bereich zwischen 4000 und 8000 Laufmetern.
Primer: Für eine optimale Farbhaftung im Digitaldruck müssen die Substrate meist vogeprimert werden.
Vor- undNachteile
In einer 2017 von Domino durch geführten Kosten-NutzenAnalyse, wurde eine Etiketten-Flexodruckmaschine mit dem Inkjetsystem N610i von Domino verglichen. Der BreakevenPunkt in dieser Studie lag knapp über 6000 Laufmetern.
Wie nicht überraschend, erzielte die Flexomaschinen eine um 25% höhere Geschwindigkeit. Außerdem waren die Kosten für Druckfarben um 85% niedriger als beim Inkjetdrucker. Darüber hinaus erforderte die Flexodruckmaschine weniger Wartung. Bei der Inkjetmaschine fallen keine Anlauf und Reinigungszeiten an und Druckplatten werden selbstverständlichen auch nicht benötigt.
Doch Verpackungs und Etikettendruckbetriebe sollten ge nau abwägen, bevor sie sich für den Flexo oder den Inkjetdruck entscheiden. Zwar ist der Inkjet ideal für kleine Auflagen, es sollte allerdings jeder Betrieb zuvor prü fen, ob er überhaupt genügend derartiger Jobs akquirieren und administrativ bearbeiten kann.
Für eine wirtschaftliche Auslastung der Digitaldruckmaschine müssen sich zumeist erst noch neue Kunden gewinnen lassen. Aber auch die Bestandskunden sollten umfassend über die Vorteile und Möglichkeiten des Digitaldrucks informiert werden.
Viele Druckereibetriebe haben sich bereits die Finger verbrannt, weil sie annahmen: „Wir brauchen nur Kleinmengen mit kurzen Lieferzeiten anbieten und die Kunden rennen uns die Tür ein“.
Zur Illustration dieser Problema tik sein ein reales Fallbeispiel ange führt, bei der ein Endverbraucher, das Angebot eines Digitaldruckers mit folgenden Worten begrüßte: „Großartig, jetzt möchte ich meine monatlichen Gesamtmengen stets in vier wöchentlichen Lieferungen zum gleichen Preis beziehen!“
Inkjet-Druckköpfe sind komplexe und daher entsprechend empfindliche Systemelemente, wenn auch von Seiten der Maschinenhersteller oft das Gegenteil behauptet wird. So ist ein Verstopfen der Düsen selbst bei regelmäßiger Reinigung oftmals kaum zu vermeiden.
Darüber hinaus schränken die Hersteller von Digitaldruckmaschinen die Auswahl verwendbarer Substraten ein, so dass nur „akkreditierte“ Bedruckstoffe eingesetzt werden dürfen. Der größte Nachteil des Inkjet-Digitaldrucks besteht allerdings darin, mittlere und große Auflagen noch immer nicht wirtschaftlich ausführen zu können.
Ein weiterer Nachteil ist die Schwierigkeit, im Flexo gedruckte Verpackungen in einer Inkjetmaschine exakt nachzustellen. Dies würde den Druckbetrieben die Möglichkeit eröffnen, in Abhängigkeit zum Auftragsvolumen und ohne negative Auswirkungen auf die Produktqualität zwischen den Verfahren Flexo- und Digitaldruck zu wechseln.
Dies gilt insbesondere bei der Farbe Weiß, die beim Inkjetdruck besonders problematisch ist. Dazu ist noch anzumerken, dass mittlerweile einige Hersteller von InkjetDruckmaschinen eine Lösung dieses Problems für sich reklamieren.
DigitalerFlexodruck– ein Widerspruch in sich?
Vor fünf Jahren traf sich eine Gruppe unabhängiger Unternehmen zur Diskussion der Frage: „Wie kann man durch die Digitaltechnik den Flexodruck verbessern?“ Das Projekt nennt sich nun mehr „REVO – Digital Flexo Revolution“ und besteht aus den Mitgliedern Americk Packaging, Apex International, AVT, Bobst, DuPont, Esko, Flint Group, UPM und X-Rite, Pantone.
REVO-Mitglieder untersuchten unter anderem, wie sich die Bahnlänge in Flexodruckmaschinen verkürzen, Rüstvorgänge optimieren und die Farb- und Drucksteuerung automatisieren lassen. Trotz der Komplexität derartiger Fragestellungen wurden in einigen Bereichen bereits Erfolge erzielt.
Ein Erfolg des REVO-Gruppe bestand darin, Druckaufträge ohne Farbabweichungen und Wechsel der Rasterwalzen sowie ohne Korrektur der Druckfarben zu reproduzieren (Drucken im erweiterten Farbraum).
Viele moderne Flexodruckmaschinen sind mit intelligenten Job-Change-Systeme ausgestattet und ermöglichen die Vorbereitung des nächsten Auftrags bei laufender Produktion. Dies hebt jedoch teilweise einen der Schlüsselvorteile des Digitaldrucks auf, den nächsten Auftrag nahezu ohne Zeit und Materialverlust unmittelbar nach Abschluss des vorhergehenden zu starten.
Diese Verbesserungen des Flexodruckprozesses haben allerdings ihren Preis: Die Gewährleistung hoher und stabiler Qualität erfordert die Ausstattung der Maschinen mit Systemen für Bahninspektion und Registerkontrolle. Diese erfassen alle relevanten Daten für die Maschinensteuerung und Druckfehlererkennung in „Echtzeit“.
Darüber hinaus leisteten die unterschiedlichen Systemlösungen für die Bebilderung/Herstellung von High Definition (HD)-Druckplatten einen entscheidenen Beitrag für die aktuell führende Position des Flexoverfahrens im hochqualitativen Verpackungsdruck.
Den ersten Schmalbahn-Hybriddruckmaschinen zur Kombination von Flexodruck und Inkjet-Technologie war kein kommerzieller Erfolg beschieden. In den 1990er Jahren mussten Hersteller wie Nilpeter, Omet und Gallus erfahren, dass es nicht immer von Vorteil ist, ein Pionier zu sein. Im Gegensatz dazu, ist heute ist überall von Partnerschaften die Rede.
Was hat sichgeändert?
Erstens kosten Inkjet-Druckköpfe dank des zunehmenden Wettbewerbs von Jahr zu Jahr weniger (obwohl Inkjet-Farben immer noch teuer sind). Zweitens wurden große Fortschritte bei den Workflow MIS-Systemen erzielt. Mit deren Hilfe können nunmehr Vorstufe, Druck und Weiterverarbeitung in „Suiten“ miteinander kompatibler Softwaresystemen integriert werden.
Nicht alle Produzenten schmalbahniger Flexodruckmaschinen arbeiten mit einem Spezia listen für InkjetTechnologie zu sammen. Einige haben ihre eigenen Hybriddruckmaschinen entwickelt. Jedoch werden die benötigten Inkjet-Druckköpfe noch immer von einer Handvoll, meist japanischer Hersteller erworben.
Fazit
Mittlerweile ist ein qualitativ hoch wertiger Inkjedruck neben den Etikettenmateriealien auch auf saugenden Verpackungsmaterialien möglich, was den entsprechenden Betrieben neue Märkte erschließen kann.
Insbesondere bei Kleinstauflagen und Individualisierung kann der Digitaldruck gegenüber den konventionellen Verfahren punkten. Einige Verpackungsdrucker haben diesen Markt als Geschäftsmodell für sich entdeckt und bieten individualisierte Produkte ausschließlich in Kleinstmengen und just-in-time an. Die Bestellung ist meist nur per Internet möglich und für diese Unternehmen ist der Digitaldruck die ideale Lösung.
Andere Druckdienstleister konzentrieren sich auf Großaufträge und mittlere Losgrößen. Für sie kommen nur die konventionellen Druckverfahren in Frage. Aber immer mehr Verpackungsdrucker möchten die Vorteile beider Verfahren nutzen und neue Erlösquellen damit generieren, weshalb für sie schmalbahnige, hybride Flexo-/ Inkjetdruckmaschinen immer mehr von Interesse sind.
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