Von Prof. Dr. Martin Dreher

Wie tickt der Rest der Flexodruck-Welt eigentlich?

Prof. Dr. Martin Dreher, Wissenschaftlicher Leiter des DFTA-Technologiezentrums, beurteilte als Mitglied einer internationalen Award-Jury mit über die Flexodruckqualtät von Verpackungen. Dabei machte er interessante Beobachtungen und Erfahrungen, die zum Teil erheblich von der Situation im deutschsprachigen Flexodruckmarkt abweichen.

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Die daraus gezogenen Lehren können den hiesigen Markteilnehmern dazu dienen, sich frühzeitig auf Wünsche und Erwartungen der internationalen Klientel einzustellen.

Die eingereichten Druckmuster für den DFTA-Award 2017 hinterließen bei der Jury und dessen Vorsitzenden Martin Dreher einen überaus positiven Eindruck und die Gewissheit, dass sich der Flexodruck in keinster Weise hinter anderen Druckverfahren verstecken muss. Dieser Eindruck verstärkte noch durch seine wiederholte Teilnahme als Jury-Mitglied am englischen FlexoTech-Award. Allerdings traten dabei noch andere Gesichtspunkte auf, von denen der deutschsprachige Flexodruckmarkt möglichweise etwas profitieren kann.

FM Raster überall

Bei den Einreichungen zum FlexoTech Award waren sehr häufig frequenzmodulierte Raster (FM-Raster) zu sehen. Des Öfteren wurden sehr feine Varianten des FM-Rasters eingesetzt, die selbst unter der Lupe einer fotorealistische Anmutung sehr nahe gekommen sind. Doch auch bei den konventionellen Versionen waren mit bloßem Auge keine Rasterstrukturen zu erkennen.

FM-Raster können mit eine Reihe von Vorteilen aufwarten, die sie für die Anwendung im Flexodruck potenziell besonders interessant machen. Dabei ist die Möglichkeit, nahtlos zum Papierweiß zu vignettieren, der wohl wichtigste Vorteil. Zudem sind FM-Raster weniger empfindlich gegenüber leichten Passerversatz und mit FM-Raster gedruckte fotografische Abbildungen wirken meist schärfer und detailreicher.

Auch können sie beim Drucken mit einer festen Farbpalette eine große Hilfe sein, wenn feinste Bildelemente wie beispielsweise kleine Texte oder dünne Linien aus mehreren Teildruckfarben aufgebaut sein müssen. Denn frequenzmodulierte Raster neigen weniger zum Sägezahneffekt an den Außenkonturen, als konventionelle. Besucher der Druckdemonstrationen während der Proflex 2017 konnten sich hiervon bereits überzeugen. Im DFTA-Technologiezentrum arbeitet aktuell daher auch an der Entwicklung eines frequenzmodulierten Rasters, der das durch die bisherigen Versionen der DFTA Screens gesammelte Fachwissen in sich vereinen soll.

Ist das Drucken mit fester Farbpalette im Kommen?

Lässt man die relativ große Anzahl der Einreichungen zum FlexoTech-Award Revue passieren, kann man den Eindruck gewinnen, dass vermehrt versucht wird, Sonderfarben zu vermeiden und stattdessen mit einer fest definierten Farbpalette zu drucken. Oft sind dies noch sechs oder sieben Prozessfarben, aber es scheint einen Trend hin zur „strikten und schlanken“ (4C-) CMYK-Farbpalette geben.

Diese Stoßrichtung wird mittelfristig unausweichlich sein. Sie verspricht beste Möglichkeiten, den Verpackungsdruck mehr zu „industrialisieren“, was auch notwendig ist. Die Flexodrucker sind deshalb gut beraten, sich technisch und mental auf diese Technik vorzubereiten.

Preprint auf Augenhöhe

In Preprint konnten die Einreichungen in England keine Qualitätsvorteile gegenüber dem deutschsprachigen Markt verbuchen. Allenfalls die Experimentierfreude scheint im außereuropäischen Ausland, von wo die Einreichungen für diesen Award in großer Zahl stammen, etwas größer zu sein als in unseren geographischen Regionen. Die ausländischen Preprint-Druckereien sind wohl bereitwilliger, die aktuellen Techniken wie beispielsweise den frequenzmodulierten Raster oder das Drucken mit fester Farbpalette anzunehmen.

Postprint ist hochklassig

Eine Überraschung war die hohe Zahl und vor allem die sehr hohe Qualität der Einreichungen im Bereich des Wellpappendirektdrucks. Feinste Raster, hervorragende Beherrschung des Waschbretteffekts und ein guter Passer zeugen von einer hochklassigen Beherrschung des Metiers. Hier ist man auf Augenhöhe mit dem deutschsprachigen Markt, wenn nicht sogar einen Schritt weiter. Dementsprechend  gab es sehr viele und sehr gute Einreichungen, deren Qualität bzw. Bewertung dicht beieinander lag. Teilweise vorhandene direkte Vergleiche mit entsprechenden Vorprodukten aus dem Offsetdruck zeigten dann auch, dass der Flexodruck hier die Qualitätsführung übernommen hat.

Faltschachtel-Flexodruck?

Das Drucken von Faltschachteln gehört zu dem Bereich des Verpackungsdruckmarktes, in dem der Flexodruck bisher am wenigsten präsentiert ist. Das ist eigentlich etwas verwunderlich, denn als Rollendruckverfahren bietet er hier eine Reihe handfester Vorteile für die mittleren bis großen Auflagen. Allerdings scheint das im deutschsprachigen Markt nur sehr wenig Gehör zu finden.

Doch auch die englischen Einsendungen in dieser Kategorie haben über die Jahre kaum zugenommen. Jedoch hat man dort schon eine erfreuliche Basis von Auftragsserien, die jedes Jahr von neuem in aktualisierter Form zum Award eingereicht werden und dem versierten Betrachter zeigen, dass der Flexodruck zumindest qualitativ dem Offsetdruck längst das Wasser reichen kann. Eine Reihe von darauf spezialisierten Druckereien, die wohl hauptsächlich im englischen Sprachraum angesiedelt sind, scheinen hier eine sehr tragfähige Nische besetzt zu haben.

Mehr Farbübertragung

Ein Aspekt, bei dem die Einreichungen beider Awards (DFTA- und FlexoTech-Award) auf nahezu gleichem Niveau liegen, ist die Verwendung von strukturierten Oberflächen bei den Flexodruckformen mit dem Ziel einer verbesserten Farbübertragung. Die Technik wird inzwischen so zahlreich eingesetzt, dass es scheint, als ob ohne sie kein Preis mehr zu gewinnen sei.

„Als erklärter Gegner der hohen Bebilderungsauflösungen, die für solche Strukturen meistens zwingend notwendig sind, muss ich einräumen, dass die so erstellten Druckmuster eine fantastische Farbdichte und ein tolles Liegen der Druckfarbe aufweisen. Ich favorisiere allerdings Druckformmaterialien, die bereits mit einer mattierten Oberfläche arbeiten. Damit lassen sich ähnlich gute Ergebnisse erzielen und der technische Aufwand bei der Herstellung der Flexodruckplatten ist geringer.“

Gedruckte Sicherheitsmerkmale

Es gibt vielfältige Bestrebungen, Produktpiraterie durch gedruckte Sicherheitsmerkmale entgegenzuwirken. „Ich entwickle dazu spezielle Rasterstrukturen, die extrem schwierig zu kopieren sind und habe ähnliche Ansätze auch bei einigen der FlexoTech-Einsendungen vorgefunden. Das war beim DFTA-Award noch nicht der Fall und könnte daher einen Trend in diese Richtung andeuten. Möglicherweise sind zukünftig selbst Massenprodukte von Fälschung bedroht. Durch die Verwendung feinster Strukturen in den Druckformen können sie jedoch geschützt werden. Um hier Missverständnisse vorzubeugen: mit der vorhergenannten Oberflächenstrukturierung der Flexodruckformen hat das nichts zu tun. Wir sprechen hier vielmehr von Modulationen der Rasterpunktformen und dergleichen.“

Pacemaker in Sachen Qualität

„Ausschreibungsgemäß hat es beim FlexoTech-Award eine Reihe von Einsendungen gegeben, bei denen Druckmotive aus anderen Druckverfahren erfolgreich im Flexodruck reproduziert wurden. Darunter sind mir die Fälle im Gedächnis geblieben, bei denen der Flexodruck besser abschnitt als der ursprüngliche Druck. Zumal dies den Tiefdruck genauso wie den Offset- und Digitaldruck betraf. Damit ist der Flexodruck mit den anderen Verpackungsdruckverfahren längst auf Augenhöhe und in den meisten Fällen inzwischen sogar der Pacemaker für die Qualität.“ [2483]