Verpackungsdesign: Wertschätzung für nachhaltige Verpackung

Kunststoffverpackungen haben eine im Vergleich zu anderen Materialien geringere Recyclingquote und es ist daher noch einiges zu leisten, bis ein höherer Anteil wieder in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden kann.

Vor dem Hintergrund der Fachpack, die vom 25. bis 27. September 2018 in Nürnberg stattfinden wird, sprach Sven Sängerlaub, Geschäftsfeldmanager Verpackung beim Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, in einem Interview über den Beitrag des Verpackungsdesigns zur Verbesserung der Wiederverwertbarkeit von Kunststoffverpackungen.

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In welchen Bereichen sehen Sie beim nachhaltigen Verpackungsdesign aktuell die größte Bewegung?

Sven Sängerlaub: Ein wichtiger Impuls für das Verpackungsdesign kommt mit dem überarbeiteten Verpackungsgesetz durch den Gesetzgeber. Darin sind höhere Recyclingquoten für Kunststoffverpackungen vorgeschrieben, die bis 2022 auf 63% steigen werden. Hinzu kommt gestiegenes Umweltbewusstsein bei Verbrauchern und Unternehmen. Deshalb setzen sich die Hersteller stärker mit dem Thema Eco-Design auseinander und damit, wie sie Verpackungen so gestalten können, dass sie sich besser recyceln lassen. Dies geschieht unter anderem durch die Entwicklung von Verpackungen, deren Einzelteile bzw. Einzelschichten sich beim Recyclingprozess besser trennen lassen.

Um welche Art der Verpackungen handelt es sich hier?

Sven Sängerlaub: Ein Beispiel hierfür sind Sleeves oder Schrumpfetiketten, die sich leicht von der Verpackung abtrennen lassen. Eine weitere Option sind Monomaterialien, die sich für Waschmittelflaschen eignen. Darüber hinaus sind Materialien relevant, die miteinander gut verträglich sind und sich nicht negativ auf den Recyclingprozess auswirken. So kommen dann z. B. Haftvermittler zum Einsatz, die den Recyclingprozess nicht stören, weil sie gut verträglich mit anderen Polymeren einer Verpackung sind. Auch transparente anorganische Beschichtungen stören den Recyclingprozess kaum. Mit ihnen können gegebenenfalls weniger gut recycelbare Barriere-Schichten in der Verpackung ersetzt werden.

Ein Thema unserer Forschung ist die Trennbarkeit von Mehrschichtverbunden im Recyclingprozess durch Feuchte und Enzyme. Dafür entwickeln wir lösliche Barriere- und andere Schichten.

Recyclingfähigkeit und Materialeffizienz haben auch wirtschaftlich positive Auswirkungen für Hersteller: Denn wenn sich Verpackungsabfälle im Produktionsprozess beispielsweise durch Nutzung als sogenannter Regrind leichter recyceln lassen, sinken die Kosten für die Entsorgung.

Wo sehen Sie großes Potenzial für den Einsatz von recyceltem Kunststoff? Wie wirkt sich ihr Einsatz auf das Verpackungsdesign aus?

Sven Sängerlaub: Derzeit können PET-Flaschen so recycelt werden, dass das PET für den direkten Lebensmittelkontakt zugelassen ist. Hier hat man die Stoffströme im Griff und kann reine Kunststoffe herstellen. Bei PET ist durch das Flaschenpfand der Recyclingweg besonders gut kontrollierbar.

Stammt das Recyclingmaterial aus dem Gelben Sack, ist das schon viel schwieriger. Bei diesem sogenannten Post-Consumer-Plastik ist Fehlgeruch, der durch oxidierte Lebensmittel und Fette anhaftet, ein großes Problem. Hier analysieren wir den Fehlgeruch, um Gegenmaßnahmen ableiten zu können. Außerdem ist die Mischung des recycelten Endmaterials nicht immer so gut wie bei konventionellen Kunststoffen.

Diese Wertstoffe sind nicht für den Einsatz von Lebensmittelverpackungen geeignet. Ihre Qualität wurde allerdings soweit verbessert, dass sie sich für andere Anwendungen einsetzen lassen. Aktuelles Beispiel ist die Firma Werner & Mertz mit der Marke Frosch, die recycelten Kunststoff zum Abfüllen ihrer Reinigungsmittel einsetzen. Auch Henkel soll bei den Verpackungen seiner Reinigungsmittel genannt werden.

Ein Werkzeug, die Recyclingfähigkeit zu verbessern, ist die Shelf-Life-Modellierung. Bei einigen verpackten Produkten wird eine lange Haltbarkeit gar nicht gefordert, weil die Produkte so schnell verkauft werden. In dem Fall sind die Anforderungen an die Barriere geringer. Dies erlaubt bisweilen besser rezyklierbare Aufbauten. Wir beobachten eine verstärkte Nachfrage nach Shelf-Life-Modellierung für bessere Recyclingfähigkeit.

Welchen Beitrag können Biokunststoffe von Verpackungen heute schon leisten?

Sven Sängerlaub: Wir optimieren Biopolymere aus PLA und PHA durch Additivierung und Prozessverbesserung und machen Verpackungen daraus. Themen sind Extrusionsbeschichtung von Papier, Mehrschichtverbunde und Optimierung der Barriere.

Aus anderen Biopolymeren, also zum Beispiel aus Molke oder Alginat, an denen wir am Fraunhofer Institut arbeiten, können zum Beispiel Barriere-Schichten hergestellt werden. Sie sorgen für eine Sauerstoffbarriere in den Verpackungen. Zum anderen gewinnen wir biologische Wachse von Pflanzenblättern, die als Wasserdampfbarriere in Lebensmittelverpackungen dienen. Hier haben wir technologisch gute Ergebnisse erzielt. Der nächste Schritt besteht darin, diese Anwendungen in die Pilotanwendung zu bringen. Danach wollen wir diese Materialien in die industrielle Praxis überführen. Langfristig sollen noch mehr Rohstoffe aus Reststoffen kommen, wie Abfälle der Lebensmittelproduktion.

Wachse eignen sich zum Beispiel zur Beschichtung von Papier. Der Grundgedanke ist dabei, das Papier so auszustatten, dass es Folien ersetzen kann. Mögliche Anwendungen sind Tütensuppen, aber auch Wurstverpackung. Die Barrierewirkung der Biokunststoffe ist heute bisweilen sehr gut – Aufholbedarf besteht bei der Verarbeitbarkeit und wettbewerbsfähigen Prozessen.

Welchen Beitrag können Sie Ihrer Meinung nach in der Zukunft leisten?

 Sven Sängerlaub: Auf absehbare Zeit werden Biokunststoffe teurer sein als konventioneller Kunststoff. Der Preis relativiert sich, wenn die Funktionalität betrachtet wird. Der Verbraucher muss bereit sein mehr auf Verpackungen zu achten. Von ihm muss die Wertschätzung für umweltfreundlichere Verpackungen ausgehen. Die Verpackung schützt schließlich auch die Inhalte und damit wertvolle Ressourcen. Es geht dabei nicht alleine um den Preis, sondern auch darum, ob die Konsumenten zugreifen, wenn die Verpackung nicht hochglänzend und transparent ist. Wir beobachten aber auch, dass die Konsumenten bei der Optik Abstriche machen, wenn sie verstehen, dass es umweltschonender ist. Darüber muss der Verbraucher allerdings auch informiert werden.

Unsere Aufgabe in der Forschung ist es die Eigenschaften zu verbessern und Hürden zu überwinden. Wichtig zu erzielen sind geringere Schichtdicken, höhere Materialeffizienzen und bessere Funktionalitäten. Das Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft.