Der Trend zu kleineren Auflagen und die damit verbundene Notwendigkeit, die Stillstandszeiten an Druckmaschinen zu verkürzen, erfordert effiziente Arbeitsabläufe. Dem Druckfarbenmanagement kommt dabei eine Schlüsselfunktion zu.
von Christian Fogh
Inhalt
Ausgangslage
Verbesserungspotential der Arbeitsabläufe
Produktionszeit
Materialverbrauch
Optimierung der Farbversorgung
Wie funktioniert das System?
Farbdurchfluss
Kammerrakel
Welche Faktoren sind bei einer Nachrüstung entscheidend?
Fazit
Eine effizient gesteuerte Farbversorgung ist entscheidend für die Rentabilität eines Unternehmens. Um einheitliche, exakte Druckergebnisse zu erzielen, ist es erforderlich, den Farbdurchfluss, die Farbviskosität und die Verdruckung von Farben und Lacken genau zu steuern – vom Vorratsbehälter bis zur Bedruckung des Substrats. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem kontrollierten Druckfarbenmanagement.
Ausgangslage
Allgemeine Markttrends machen ein geschlossenes und automatisiertes Farbversorgungsystem auf Zentralzylinder-Flexodruckmaschinen notwendig. Denn Markenartikler akzeptieren keine sichtbaren Farbabweichungen bei ihren Verpackungen, die zunehmend mehr Farben mit komplexeren Rezeptierungen aufweisen. Nach Angaben von Druckereien kommen bei einem Verpackungsdruckauftrag heutzutage durchschnittlich zwei Sonderfarben zum Einsatz.
Kleinere Auflagen sowie Rüstzeiten und Anlaufmakulatur sind die größten Kostentreiber in der Druckproduktion. Einige Hersteller von flexiblen Verpackungen und Wellpappenverpackungen berichten über eine Verringerung ihrer Auftragsgrößen um rund 35% und mehr innerhalb von nur drei Jahren. Zurückzuführen ist dies vor allem darauf, dass Handelsunternehmen zur Senkung ihrer Lagerkosten kleinere Bestellmengen aufgeben (Just-in-time-Produktion). Dennoch müssen die Kammerrakeln mit derselben Sorgfalt gereinigt und die Farbrezepte mit derselben Präzision angelegt werden.
Der Maschinenstundensatz einer Flexodruckmaschine bewegt sich zwischen EUR 250 und EUR 1000. Zeitverluste lassen sich bei mittelgroßen und großen Auflagen mitunter durch höhere Druckgeschwindigkeiten ausgleichen; in einigen Fällen wird mit über 500 m/min produziert.
Darüber hinausgehende Geschwindigkeiten können jedoch die rheologischen Eigenschaften der Druckfarben beeinträchtigen und zu mehr Materialausschuss führen, was wiederum mit höheren Kosten verbunden ist. Darüber hinaus erwarten Markenartikler, dass ihre Lieferanten umweltschonende Verfahrenstechnologien und Produktionsmethoden einsetzen, um nicht zuletzt ihren Ruf als nachhaltiges Unternehmen zu wahren.
Die Konsequenz: Um die Produktivitäts-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitserwartungen zu erfüllen, müssen Druckdienstleister heutzutage ein automatisiertes Workflow-System einsetzen, um eine termingerechte Bereitstellung der Druckfarben -vom Behälter bis zur Druckmaschine – sicherzustellen.
Verbesserungspotential der Arbeitsabläufe
Die Auswirkungen einer Farbversorgung auf den gesamten Druckprozess lassen sich im Wesentlichen anhand von Produktionszeiten, Materialverbrauch und Personaleinsatz analysieren. Tresu untersuchte 2014 sieben Monate lang die Workflows von dänischen Flexodruckereien, die alle noch mit einer manuellen Farbversorgung arbeiten. Im Jahr 2014 wurde sieben Monate lang bei sieben Prozessstufen – von der Vorbereitung bis zur Weiterverarbeitung – die Leistung gemessen; Kriterien waren dabei die Produktionszeit und der Materialverbrauch. Aus den Analysen ergaben sich verschiedene Ansatzpunkte für Optimierungen.
Produktionszeit
Der durchschnittliche Zeitaufwand verteilte sich bei den untersuchten Flexodruckmaschinen auf folgende Stufen des Arbeitsablaufs:
Daraus ergaben sich Erkenntnisse für weitere Verbesserungen: Der Nutzungsgrad einer mittel- bis großformatigen Flexodruckmaschine beträgt rund 55%; 45% der zur Verfügung stehenden Zeit wird für das Maschineneinrichten aufgewendet.
Beim Rüsten von Wiederholungsaufträgen nahmen Anpassungen der Farbviskosität und des Farbdurchflusses sowie Reinigungsvorgänge nach der Produktion 27% der Zeit in Anspruch.
Der Zeitverlust durch Rüsten hängt letztlich von der Anzahl und Zugänglichkeit der Komponenten ab, die beim Einrichten der Druckmaschine ausgetauscht bzw. gereinigt werden müssen. Die Reinigung einer Kammer kann z.B. bis zu 45 Minuten dauern; zum Austauschen eines Rakelmessers braucht man ohne eine spezielle Spannvorrichtung mehrere Minuten.
Materialverbrauch
Ein unzureichendes Management der Farbversorgung führte zu übermäßigem Verbrauch an Bedruckstoffen, Druckfarben, Reinigungsflüssigkeit und Energie.
Substrate machen 60 bis 90% der gesamten Abfallmenge aus. Ohne eine zufriedenstellende Druckfarbensteuerung kann es vor allem durch folgende Faktoren zu einer erhöhten Makulaturquote kommen:
- Anlaufmakulatur durch Farbanpassungen nach der „Trial-and-Error“-Methode
- Farbspritzer
- Materialausschuss durch diverse Druckfehler
Druckfarben und Lacke haben einen Anteil von bis zu 20% an den Abfallkosten. Wenn Druckfarben oder Lacke der Atmosphäre ausgesetzt sind, kann es durch folgende Faktoren zum Ausschuss kommen:
- Schaumbildung der Druckfarbe
- Notwendigkeit des fortwährenden Auffüllens des Behälters mit lösemittelbasierten Druckfarben; aufgrund von Verdunstung muss zur Einhaltung der Farbviskosität in regelmäßigen Zeitabständen Lösemittel zugeführt werden.
- Fehlende Möglichkeit zur ordentlichen Rückführung der Restfarben am Ende des Produktionslaufs (etwa 20 Liter Restfarbe pro Kammer bzw. Druckwerk)
Der Anteil der Reinigungsflüssigkeit an den Kosten betrug 5%. Werden Lösemittelfarben verwendet, erhalten die anteiligen Energiekosten durch die erforderlichen druckluftbetriebenen Pumpen mehr Gewicht. Die kostengünstigeren Elektro-Pumpen können aufgrund ihrer Explosionsgefahr nicht eingesetzt werden.
Optimierung der Farbversorgung
Aus den Untersuchungen der dänischen Verpackungsdruckereien wird deutlich, dass dem geschlossenen Farbversorgungssystem besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
- Ein geschlossenes System, bei dem Farbspritzer und Lösemitteldämpfe nicht in die Umgebungsluft gelangen
- Automatisiert ablaufende Farbrezeptierungen und Druckfarbensteuerung
- Geringer Wartungsaufwand
- Einfacher und sicherer Zugang zu den Druckwerken
Bei modernen Flexodruckmaschinen ist deshalb eine automatisierte Druckfarbensteuerung mit einem Farbversorgungssystem, das die Druckfarben in den Farbkreislauf pumpt und die Kammerrakeln und die Rasterwalzen mit Farbe versorgt, eine unverzichtbare Komponenten.
Wie funktioniert das System?
Entscheidendes Element für die Druckfarbensteuerung ist ein geschlossener Farbkreislauf. Das gewährleistet eine stabile Regulierung des Farbflusses, des Farbdrucks und der Farbviskosität. Diese sind im Flexodruck bestimmende Faktoren für eine konstante Farbdichte, homogen ausdruckende Volltonflächen sowie einen geringen Punktzuwachs.
Das Farbversorgungssystem besteht aus einem geschlossenen Schlauchkreislauf mit dem die Kammerrakeln in den Druckwerken verbunden sind. Das Farbversorgungssystem hält einen konstanten Farbpegel in der Kammerrakel aufrecht, während diese gleichzeitig die Näpfchen der rotierenden Rasterwalze ohne Lufteinschluss mit Farbe befüllt.
Farbdurchfluss
Der Farbdurchfluss ergibt sich aus der Pumpenhubfrequenz multipliziert mit dem Hubvolumen, das mit einer Genauigkeit von plus/minus 2,5% berechnet werden kann. In der Regel ist der Durchfluss zwischen fünf und 30 Litern/min variabel einstellbar. Die Hubanzahl und der eingestellte Druck der Pumpe sorgen dafür, dass zum richtigen Zeitpunkt eine genau festgelegte Menge frischer Druckfarbe in die Kammer transportiert wird.
Sobald ein stabiler Durchfluss erreicht ist, fixiert ein Regulierungsventil den Luftdruck zur Pumpe. Da sowohl der Druck innerhalb der Kammer als auch der Luftdruck zur Pumpe hin stabil ist, kann nur eine Änderung des Farbwiderstands die Pumpfrequenz verändern. Der Farbwiderstand – also die Viskosität – wird von der Software des Versorgungssystems ermittelt. Basis dafür ist die bekannte Pumpfrequenz. Die Versorgung mit Druckfarbe wird somit ohne manuelle Eingriffe aufrechterhalten.
Durch die Einstellung eines optimalen Drucks treten in der Farbe keine Luftblasen auf, sei es nun in der Kammer oder während des Befüllungsvorgangs der Rasterwalzennäpfchen mit Farbe. Das Versorgungssystem steuert den Druck basierend auf Messungen am Kammereinlass. Dabei wird die Länge und Tiefe der Kammer sowie die Farbviskosität mitberücksichtigt. Der Bediener stellt den Druck so ein, dass an dem Punkt, wo die rotierende Walze auf die Rakel trifft (Arbeits- und Schließrakel), eine Farbwand entsteht. Dadurch kann keine Umgebungsluft in die Kammer eindringen, wodurch eine Schaumbildung der Farbe verhindert wird.
Eine speziell entwickelte Software steuert nicht nur den Farbdurchfluss, sondern speichert bei jedem Auftrag auch Daten zu Viskosität, Durchflussrate und Druck, so dass diese Informationen jederzeit wieder abgerufen werden können.
Die Untersuchungen ergaben, dass bei Wiederholungsaufträge nein Siebtel der Maschinenstillstandszeiten durch manuelle Vorbereitungsarbeiten verursacht wurden.
Mit einem automatisierten Versorgungssystem besteht auch die Möglichkeit zur präzisen Rückführung der Restfarben in die zugehörigen Behälter. Zudem ist damit für eine schnelle und gründliche Kammerreinigung ohne manuelle Eingriffe gesorgt. Dank eines Reinigungssystems bleibt die Kammer frei von Rückständen. Bei lösemittelbasierten Druckfarben dauert der Reinigungszyklus in einer Flexodruckmaschine mit acht Druckwerken etwa zehn Minuten; für wasserbasierte Druckfarben sind zehn bis fünfzehn Minuten erforderlich. Der Lösemittelverbrauch während der Reinigung beträgt zehn bis fünfzehn Liter.
Wenn Wasser verwendet wird, werden davon üblicherweise zwanzig bis dreißig Liter und etwas weniger als ein Liter Reinigungsmittel benötigt. Da die Durchflussmessung auf einen Liter genau erfolgt, können über das Versorgungssystem bis zu 90% der Druckfarbe nach der Produktion wieder in den Aufbewahrungsbehälter zurückgeführt werden. Bei einem in Jütland, Dänemark, ansässigen Verpackungsdrucker wurden die sechs Farbwerke einer Zentralzylinder-Flexodruckmaschine mit Kammerrakel und einem automatisierten Farbversorgungssystem ausgerüstet.
Im Ergebnis werden jährlich Einsparungen in Höhe von EUR 40.000 erwartet. In jedem Druckwerk verbleiben nach einem Auftrag rund 20 Liter Druckfarbe, von denen 19 Liter im Anschluss an die Produktion wieder in den Behälter zurückgeführt werden.
Kammerrakel
In das Kammerrakelsystem, bestehend aus einem stabilen Anschwenksystem und einer geschlossenen Kammer wird die Druckfarbe gepumpt. Die oben und unten an der Rasterwalze anliegenden Rakelmesser sowie die Dichtungen sorgen für eine geschlossene Umgebung, die eine kontrollierte, konstante Messung der Druckfarbenmenge ermöglicht. Außerdem wird damit Leckagen vorgebeugt, und Reinigungsvorgänge sowie Auftragswechsel werden erleichtert. Das Anschwenksystem sorgt für einen immer gleichbleibenden Anpressdruck und trägt damit zu einem sparsamen Verbrauch von Rakelmessern und Dichtungen bei. Mit einem Klemmsystem wird das Rakelmesser immer in der gleichen Position gehalten und der Austausch ist in wenigen Minuten abgeschlossen. Kammerrakelsysteme werden an die Druckbreite und an das erforderliche Volumen für Farbe und Lacke angepasst. Die Palette reicht von Kammern mit geschlossener Kassette für Etikettendruckmaschinen bis hin zu 3500 Millimeter breiten Modellen für das Bedrucken von Wellpappen – auch größere Breiten sind möglich.
Welche Faktoren sind bei einer Nachrüstung entscheidend?
Vorhandene Druckmaschinen können mit Farbversorgungssystemen nachgerüstet werden. Eine derartige Modernisierung bringt selbst Druckmaschinen, die schon über 20 Jahre alt sind, unter Umständen auf den neuesten Stand der Produktivität. Damit eine Umrüstung reibungslos verläuft, muss der Dienstleister eng mit dem technischen Personal des Kunden zusammenarbeiten, so dass die Spezifikationen und Betriebsbedingungen klar sind. Wichtig sind beispielsweise die Anschlüsse für Reinigung, Wasser und Lösemittel sowie die Art der Strom- und Luftversorgung. Auch das Alter der Maschine spielt eine Rolle; gegebenenfalls ist ein maßgeschneidertes Konzept erforderlich. Bei extremer Höhe der Druckmaschinen können zusätzliche Farbpumpstationen notwendig werden.
Fazit
Im Rahmen des Druckfarbenmanagements wird die Farbe über die gesamte Lieferkette hinweg gesteuert – vom Container des Druckfarbenherstellers bis zu der Druckmaschine, in der die Farbe auf das Verpackungssubstrat aufgetragen wird. Ein geschlossener Farbkreislauf sorgt für zuverlässige Qualität, eine höhere Produktivität, kürzere Rüstzeiten, ein lösemittelfreies Arbeitsumfeld, eine bessere Farbausbeute, längere Farblebensdauer sowie geringere Wartungskosten.