Eine aktuelle Studie der GVM Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung und des ifeu-Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH im Auftrag von acht Branchenverbänden zeigt, dass die mit dem deutschen Verpackungsaufkommen verbundenen Treibhausgasemissionen bis 2045 um 94 Prozent gesenkt werden können. Die Studie prognostiziert, dass der Verpackungsverbrauch in Deutschland seinen Höhepunkt 2021 erreicht hat und in Zukunft kontinuierlich sinken wird. Steigen werden dagegen der Einsatz von Rezyklat und die Recyclingquoten.
Die Studie mit dem Titel „Der Beitrag kreislauffähiger Verpackungen zum Klimaneutralitätsziel 2045“ entstand im Mai 2023 anlässlich des 9. Tag der Verpackung am 15. Juni 2023. Sie untersucht, welchen Beitrag kreislauffähige Verpackungen mit Blick auf das deutsche Klimaneutralitätsziel 2045 über alle Materialien hinweg leisten können und prognostiziert die Entwicklung relevanter Faktoren wie Recyclingquoten, Rezyklateinsatz, Verpackungsoptimierung und Verpackungsaufkommen. Dabei wurden die Lebenswegabschnitte der Rohstoffproduktion, der Packmittelproduktion, der Distribution sowie der Entsorgung und Verwertung für die durchschnittlichen deutschen Verhältnisse bilanziert.
Referenzpunkt der Studie ist das Jahr 2021. Modellierungen wurden für das Jahr 2030 sowie 2045 vorgenommen. Die Studie berücksichtigt bereits beschlossene staatliche oder europäische Lenkungseingriffe. Geplante oder erwartete konkrete Regulierungen wie beispielsweise die neue Europäische Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation; PPWR) sind dagegen nicht in die Prognosen eingeflossen. Allerdings ist laut Studie die Wirkungsrichtung aufgrund von grundsätzlichen Bestrebungen, die sich auch im Maßnahmenkatalog der PPWR finden, ähnlich.
Die Ergebnisse der Studie wurden von GVM und ifeu auf einer Pressekonferenz in Berlin bekannt gegeben. Den Bericht stellen die auftraggebenden Verbände bei Interesse gerne zur Verfügung.
Treibhausgasemissionen sinken kontinuierlich
„Die Ergebnisse der ökobilanziellen Untersuchung zeigen, dass die mit dem Verpackungsaufkommen verbundenen Treibhausgasemissionen kontinuierlich sinken und bis 2045 eine Reduzierung um 94 Prozent möglich ist. Dies entspricht einer Einsparung von 18.025 kt CO2-Äquivalenten“, so Benedikt Kauertz, Fachbereichsleiter Industrie und Produkte des ifeu.
„Die Einsparungen gehen zu 39,3 Prozentpunkten auf Faktoren aus dem Handlungsfeld „Verpackungsmarkt und Kreislaufwirtschaft“ zurück. Dazu gehören beispielsweise leichtere Verpackungen, Mehrwegeinsatz, verpackungssparendes Konsumverhalten, steigender Rezyklateinsatz und nicht zuletzt die stark verbesserte Kreislaufführung von Verpackungen. Die übrigen 54,4 Prozentpunkte stammen aus dem Handlungsfeld „Klima- und Energiewende sowie Prozessoptimierung“. „Stichworte sind hier beispielsweise Dekarbonisierung der industriellen Produktionsprozesse, grüne Energiequellen sowie Energieeinsparungen in Produktion und Transport“, so Kurt Schüler, Geschäftsführender Gesellschafter der GVM.
Verpackungsnutzung hat Peak erreicht
Die Studie prognostiziert, dass der Verpackungsverbrauch seinen Peak bereits 2021 erreicht hat und in den kommenden Jahren kontinuierlich rückläufig sein wird. Lag der Verpackungsverbrauch (ohne Holz) 2021 noch bei 16 Millionen Tonnen, sinkt er nach Berechnungen der Studie bis 2030 auf 14 Millionen Tonnen sowie bis 2045 auf 11,7 Millionen Tonnen. „Das entspricht einer Einsparung um 13 Prozent bis 2030 sowie um 27 Prozent bis 2045“, so Kurt Schüler.
Bewertung der Ergebnisse
Die Studie entstand im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt e.V. (AGVU), des Bundesverbands Glasindustrie e. V. (BV Glas), des Deutschen Verpackungsinstituts e. V. (dvi), des Fachverbands Faltschachtel Industrie e. V. (FFI), der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. (IK), des Industrieverbands Papier- und Folienverpackungen e. V. (IPV), der PRO-S-PACK Arbeitsgemeinschaft für Serviceverpackungen e.V. und des Verbands Metallverpackungen e. V. (VMV).
Arbeitsgemeinschaft Verpackung + Umwelt e.V. (AGVU)
Die Studie legt dar, dass die Verpackungs- und Recyclingbranche einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität Deutschlands leisten kann. Insbesondere zeigt dieser Blick in die Zukunft, wie die Kreislaufwirtschaft – etwa durch gesteigerten Einsatz bereits recycelter Rohstoffe – in den kommenden Jahrzehnten ihre volle Wirkung entfaltet. (Carl Dominik Klepper, Vorstandsvorsitzender AGVU)
Bundesverband Glasindustrie e. V. (BV Glas)
Glas ist seit jeher dank seiner Eigenschaften ein kreislauffähiges Material. Die Studie zeigt, dass wir unser hohes Niveau in punkto Recyclingquote und Scherbeneinsätze noch verbessern können. Ziel muss daher sein, Verbraucher weiter dafür zu sensibilisieren, Glasverpackungen in den dafür vorgesehenen Glascontainern zu entsorgen. Denn jede Glasverpackung zählt, um den Kreislauf zu schließen und THG-Emissionen weiter zu senken. (Sheryl Webersberger; Leiterin Hauptstadtbüro, Leiterin Produktpolitik BV Glas)
Deutsches Verpackungsinstitut e. V. (dvi)
Da wir als Einzelne und als Gesellschaft viele Rohstoffe und Produkte verbrauchen und konsumieren, gibt es entsprechend viele Verpackungen. Damit ist klar, dass die Verpackung ein Faktor ist, wenn wir die Klimaneutralitätsziele bis 2045 erreichen wollen. Das gilt, obwohl Verpackungen bereits durch ihren Produktschutz zum Klimaschützer werden. So steht die Verpackung beispielsweise bei Lebensmitteln durchschnittlich nur für rund 3 Prozent des Klimafußabdrucks. 97 Prozent stecken im Lebensmittel – weshalb der größte Klimaschaden entsteht, wenn das Produkt ungenutzt verdirbt. Die Studie von GVM und ifeu zeigt, welchen Beitrag Verpackungen auf Deutschlands Weg zur Klimaneutralität darüber hinaus bis 2045 leisten können. Viel ist möglich, wenn alle Beteiligten von Wirtschaft über Politik bis hin zu den Konsumierenden ihren Beitrag leisten und gebrauchte Verpackungen im Kreislauf halten. (Kim Cheng, Geschäftsführerin dvi)
Fachverband Faltschachtel Industrie e. V. (FFI)
„Hohe Recyclingquoten und ein hoher Rezyklateinsatz sind schon seit Jahrzehnten Beleg für das erfolgreiche PPK-Kreislaufsystem. Mit der Dekarbonisierung der Papierherstellung kann PPK einen weiteren wesentlichen Beitrag zur Reduzierung der THG-Emissionen der Verpackungswirtschaft liefern.“ (Christian Schiffers, FFI Geschäftsführer)
Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. (IK)
Die Studie zeigt erstmalig in konkreten Zahlen die geteilte Verantwortung von Politik, Industrie und Gesellschaft bei der Reduktion der Treibhausgase durch Verpackungen. Neben der essentiellen Energiewende können auch veränderte Parameter nah an der Verpackung selbst, wesentliche Potenziale erschließen. Für Verpackungen aus Kunststoff bedeutet das bis spätestens 2045 auch eine Rohstoffwende. Das heißt, dass Kunststoffe zukünftig ohne fossiles Erdöl auskommen werden, und das Recycling, Biomasse und CO2 die klimaneutralen Rohstoffe liefern werden. (Mara Hancker, IK-Geschäftsführerin)
Industrieverband Papier- und Folienverpackungen e. V. (IPV)
Verpackungen, die sowohl die verpackten Produkte sicher schützen, alle weiteren notwendigen Funktionen erfüllen und deren damit verbundenen Treibhausgasemissionen gleichzeitig deutlich sinken, stellen eine sehr große Herausforderung dar. Die Studie zeigt aber, dass das möglich ist, wenn alle relevanten Beteiligten eng zusammenarbeiten. Als Branche stellen wir uns diesen Herausforderungen. Wir sind uns sicher, dass wir für flexible Verpackungen aus Papier und Kunststoff die richtigen und nachhaltigen Lösungen finden. (Karsten Hunger, IPV-Geschäftsführer)
PRO-S-PACK Arbeitsgemeinschaft für Serviceverpackungen e.V.
Verpackungen sind auf dem richtigen Weg, zur Erfüllung der Klimaziele bis 2045 beizutragen. Wichtig ist, dass bestehende Sammelsysteme weiter ausgebaut werden, auch im öffentlichen Raum, um den begehrten Rohstoff für das Recycling verfügbar zu machen. Die Agilität und Innovationskraft der Food-Service Branche hat und wird auch weiterhin zur Reduktion des CO2-Ausstoßes von Verpackungen führen. (Thorsten Plutta, Geschäftsführer PRO-S-PACK)
Verband Metallverpackungen e. V. (VMV)
Die Studie ist als Prognose und somit als eine Skizzierung von Tendenzen zu verstehen. Dank seiner Eigenschaften verbleibt Stahl in aufeinanderfolgenden Nutzungs- und Recyclingszyklen in einem geschlossenen Kreislauf. Für Stahlverpackungen ist die Verfügbarkeit des Schrottes – signifikant beeinflusst durch die Recyclingzuführungsquote (Recyclingquote) – wesentlich für das CO2-Reduktionspotential, denn der Einsatz von Schrotten reduziert den Einsatz von Primärstahl. An dieser Stelle möchten wir betonen, dass die Recyclingquoten seit langem schon sehr hoch sind. Unsere Industrie hat bereits früh begonnen, ihre „Hausaufgaben“ zu machen. In Zukunft wird der wasserstoffbasierten Erzeugung von Stahl eine entscheidende Bedeutung hinsichtlich der weiteren Reduzierung von THG-Emissionen zukommen, welche 2045 in der Klimaneutralität der Stahlproduktion mündet. (Jörg Höppner, Geschäftsführer VMV)