Interpack 2023 in Düsseldorf (4.-10. Mai)

Kosmetikverpackungen im Wandel

Tube aus Papierverbund
Handcreme in einer Tube aus Papierverbund von Stora Enso, der mit einer EVOH-Barriere beschichtet wird, die bisher nur bei Getränkekartons üblich ist. (Quelle: Kneipp)

Nachhaltigkeit ist auch im Bereich der Kosmetikverpackungen schon seit Jahren ein Megatrend. Hersteller nutzen immer häufiger recycelbares Monomaterial, Papier und nachwachsende Rohstoffe, oft aus Abfallprodukten der Land- und Forstwirtschaft oder der Lebensmittelindustrie, für ihre Verpackungen. Und auch Nachfülllösungen kommen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern gut an, denn sie tragen zur Abfallreduzierung bei.

Die neuen, nachhaltigen Verpackungen kommen bei herkömmlichen und bei natürlichen Kosmetikprodukten gleichermaßen zum Einsatz. Fest steht aber: Naturkosmetik ist auf dem Vormarsch. Das starke Marktwachstum geht dabei zulasten der Anteile des Geschäfts mit herkömmlicher Kosmetik, meldet die Statistik-Online-Plattform Statista. In Europa belegt Deutschland den Spitzenplatz, wenn es um natürliche Körper- und Schönheitspflege geht, gefolgt von Frankreich und Italien. Weltweit liegt der US-amerikanische Naturkosmetikmarkt an der Spitze.

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Nachhaltiger Konsum

Am allgemeinen Nachhaltigkeitstrend kommt heute kaum ein Hersteller vorbei, denn ob Naturkosmetik oder nicht, Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen nachhaltig verpackte Schönheits- und Pflegeprodukte, am liebsten ganz ohne Kunststoff. Hierfür hat interpack-Aussteller Stora Enso vor einiger Zeit einen für die Kosmetikindustrie neuartigen Papierverbund entwickelt, aus dem Partner dann Tuben-Verpackungen beispielsweise für Handcremes herstellen. Der Papierverbund wird mit einer EVOH-Barriere beschichtet, die bisher nur bei Getränkekartons üblich ist. Die Tuben können im Digitaldruck hochwertig bedruckt werden. Ein erster Naturkosmetikhersteller nutzt die Technik auch für Marketingzwecke, denn durch den Einsatz einer speziellen Software können beim Druck digital unendlich viele neue Design-Variationen realisiert werden. Jede Tube wird so zum Einzelstück.

Tuben mit Holzmehlanteil

Feste Seifen, feste Shampoos oder Naturkosmetikpulver, das sich zuhause einfach mit Wasser zu Körper- und Haarpflege anmischen lässt, sind derzeit beliebt und sparen Verpackung. Aber auch Flüssigprodukte in Flaschen aus Rezyklat oder als Refill im Monomaterialbeutel kommen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern gut an. Zum Nachhaltigkeitstrend passt auch eine Tube von interpack-Aussteller Hoffmann Neopac, die zu über 95 Prozent aus erneuerbaren Ressourcen besteht. 10 Prozent davon stammen aus Fichtenholz. Durch den Holzmehlanteil fühlt sich die Oberfläche der so genannten Picea-Tube leicht rau an. In Bezug auf Barrierefunktion, Dekoration, Lebensmitteltauglichkeit oder Recyclingfähigkeit bietet sie dieselben qualitativen Eigenschaften wie herkömmliche PE-Tuben. Das verarbeitete Fichtenholz hat seinen Ursprung in zertifizierten Wäldern der EU und die Holzfasern stammen von Sägemehlabfällen deutscher Schreinereien.  

Picea-Tube mit einem Anteil Fichtenholz
Die Picea-Tube mit einem Anteil Fichtenholz wurde im „Tube des Jahres 2022“-Wettbewerb der European Tube Manufactures Association (etma) ausgezeichnet.
(Quelle: etma)

Alternative Materialien

Einen kleinen Beitrag, das Problem der Plastikvermüllung der Meere zu lösen, will ein neues Etikettenmaterial leisten, das UPM Raflatac aus zertifiziert zirkulärem PP-Polymeren von Sabic herstellt. Das Ocean Plastic wird gesammelt und dann in einem speziellen Recyclingverfahren zu Pyrolyseöl verarbeitet. Sabic nutzt dieses Öl als alternativen Rohstoff zur Fertigung von zertifiziert zirkulärem PP-Polymer, das dann zu einer Folie weiterverarbeitet wird, aus der UPM Raflatac schließlich das neue Labelmaterial fertigt. Es ist nach den Vorgaben des International Sustainability & Carbon Certification (ISCC) Programms zertifiziert. Da sich das zertifizierte Kreislauf-PP von Sabic genauso verhält wie vergleichbare erdölbasierte PP-Neuware, erforderte die Umstellung keinerlei Änderungen an den Produktionsverfahren für Folien und Etikettenmaterial.

Weniger Verpackungsmüll

Einmal genutzt und dann weggeworfen, das ist auch das Los der meisten Verpackungen von Kosmetik und Körperpflege. Dem wollen einige Hersteller mit Refill-Systemen entgegenwirken. Diese helfen als Alternative zur Einwegverpackung, Verpackungsmaterial sowie Transport- und Logistikkosten einzusparen. In vielen Ländern sind solche Nachfüllsysteme bereits verbreitet. In Japan beispielsweise gehört es schon lange zum Alltag, Flüssigseife, Shampoo und Haushaltsreiniger im dünnen Folienbeutel zu kaufen, den Inhalt zu Hause in Spenderbehälter umzufüllen oder den Nachfüllpack mit einer speziellen Halterung gleich als Primärverpackung zu verwenden.

Refill ist aber mehr als nur der recycelbare Nachfüllbeutel. Drogerie- und Supermärkte testen bereits Abfüllstationen und loten aus, wie Kundinnen und Kunden das Angebot zum Selbstabfüllen von Körperpflegeprodukten, Reinigern, Wasch- und Spülmittel annehmen. Die entsprechenden Behälter bringt man einfach mit oder erwirbt sie vor Ort. Auch Pläne für ein erstes Pfandsystem für Kosmetikverpackungen werden konkret. Funktionieren soll das durch die Kooperation zwischen Verpackungs- und Markenherstellern und Entsorgern: Während die einen gebrauchte Kosmetikverpackungen einsammeln, werden sie von anderen recycelt und das Rezyklat schließlich von weiteren Partnern wieder zu neuen Verpackungen verarbeitet.

Energieeffizientes Abfüllen

Die immer größere Individualisierung der Formate sowie eine Vielzahl an neuen Kosmetikprodukten lassen die Anforderungen ans Abfüllen stetig wachsen. Das Maschinenbauunternehmen Rationator hat sich auf modulare Abfülllinien spezialisiert und kombiniert beispielsweise seine Robomat-Abfüllanlage mit einer Verschließmaschine vom Typ Robocap, um abgefüllte Kosmetikflaschen automatisch mit unterschiedlichsten Verschlüssen wie z. B. Schraub- und Aufdrückverschlüssen oder auch Sprüh- und Dosierpumpen zu versehen. Bei dieser neuen Maschinengeneration stehen zudem Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Vordergrund.

Auch bei der Marchesini Group macht der wachsende Kosmetiksektor einen zunehmenden Anteil am Umsatz aus. Die Beauty-Division der Gruppe kann mit ihren Maschinen heute den gesamten Produktionszyklus eines Kosmetikprodukts abdecken. Mit neuen Modellen werden zudem Kosmetikprodukte in umweltfreundlichen Materialien verpackt, beispielsweise mit Maschinen für die Kartonierung von Produkten in Pappschalen oder Tiefzieh- und Blisterverpackungsmaschinen für die Herstellung von Blistern und Schalen aus PLA oder rPET oder Stickpack-Linien, die zu 100 Prozent recycelbare Kunststoff-Monomaterialien verwenden.

Das neue Geset 700-Etikettiersystem
Das neue Geset 700-Etikettiersystem kennzeichnet sehr kleine Kosmetikprodukte.
(Quelle: Bluhm Systeme)

Flexibilität ist gefragt. Schubert Cosmetics hat daher kürzlich für einen Kosmetikhersteller eine Monoblockflaschenabfüllanlage entwickelt, die eine hohe Formatvielfalt abdecken kann. Das betreffende Produktportfolio umfasst aktuell elf unterschiedliche Abfüllmedien unterschiedlichster Viskositäten, die in fünf Kunststoff- und zwei Glasflaschenformate abgefüllt werden müssen. Ein einziges Format kann wiederum bis zu drei Einzelkomponenten wie Flasche, Pumpe und Prelldeckel enthalten. In der neuen Anlage ist der gesamte Abfüll- und Verpackungsvorgang kompakt in einer einzigen Linie integriert. Kunststoff- und Glasflaschen werden in direkt aufeinanderfolgenden Schritten gereinigt, präzise abgefüllt, verschlossen und in vorverklebte Automatik-Sideload-Faltschachteln verpackt. Die hohen Anforderungen an die Vollständigkeit und Unversehrtheit der Produkte und Verpackungen stellen mehrere Kamerasysteme sicher, die an verschiedenen Punkten im Prozess die Produkte entsprechend prüfen und bei Bedarf aussortieren, ohne den fortlaufenden Verpackungsprozess zu stören. Die Basis für die besonders einfachen und kostenattraktiven Formatwechsel legt der 3D-Druck über die Schubert-Plattform “Partbox”. Sie ermöglicht es den Kosmetikherstellern, Ersatzteile oder neue Formatteile selbst zu erzeugen. Mit wenigen Ausnahmen lassen sich auf diese Weise sämtliche Wechselteile einfach nachproduzieren. Dazu gehören neben den Trays für die Behälter beispielsweise auch die Greifer für die Pipetten.

Nachverfolgbar und sicher gekennzeichnet

Kosmetikverpackungen können ganz schön klein sein. Lippenpflegestifte zum Beispiel bieten nicht sonderlich viel Platz, müssen aber dennoch gekennzeichnet werden. Dabei kann das Handling dieser kleinen Produkte zur optimalen Ausrichtung während des Kennzeichnungsprozesses schnell zur Herausforderung werden. Kennzeichnungsanbieter Bluhm Systeme hat deshalb eine Sonderanlage zur Etikettierung und Kennzeichnung kleinster Kosmetikprodukte entwickelt. Das neue Geset 700-Etikettiersystem besteht aus einem Etikettenspender, einem Laserbeschrifter und entsprechender Fördertechnik. Bis zu 150 zylindrische Kosmetikprodukte pro Minute versieht die Anlage rundum mit vorgedruckten Etiketten und individueller Chargenkennzeichnung. In der neuen Anlage werden die kleinen zylindrischen Produkte während des gesamten Kennzeichnungsprozesses zuverlässig transportiert: Ein Vibrationsband befördert die aufrechtstehenden Stifte zu einem Produktwender, der sie mit Hilfe einer Schnecke um 90 Grad kippt. In liegender Position gelangen die Produkte auf sogenannte Prismenrollen, die sie in fest definiertem Abstand durch die Anlage befördern. Zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit müssen die Lippenpflegestifte eine individuelle Chargeninformation erhalten. Mit diesen Daten versieht ein Lasermarkierer die Etiketten noch vor deren Ausspendung. Zur Sicherheit validiert eine Kamera anschließend sofort die Druckinformationen.

Was die Kosmetikindustrie derzeit bewegt und welche nachhaltigen und zukunftsfähigen Lösungen die Branche bereithält, erfahren Besucherinnen und Besucher auf der Weltleitmesse interpack für Processing & Packaging in Düsseldorf (Hallen 15, 16 und 17).