Getränkekartons

Erste Anlage in Deutschland für das Recycling von Kunststoff- und Aluminiumanteile

Stolze Finanziers und Förderer der Palurec GmbH (v.l.n.r.): Stephen Naumann (Elopak), Robert Kummer (SIG Combibloc) und Stephan Karl (Tetra Pak) (Quelle: Palurec GmbH)

Mit der Eröffnung der Recyclinganlage der Palurec GmbH ist den Herstellern von Getränkekartons ein entscheidender Schritt bei der Rückgewinnung der Kunststoff- und Aluminiumanteile ihrer Verpackungen gelungen. „Der Getränkekarton erreiche dadurch eine hochgradige Recyclingfähigkeit von deutlich über 90 Prozent“, erklärte Palurec-Geschäftsführer Andreas Henn im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung vor rund 300 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Es sei die erste Anlage ihrer Art in Deutschland, die mit einem mechanisch-physikalischen Verfahren marktfähige Rezyklate aus diesem Materialgemisch herstelle. Trennmedium sei ausschließlich Wasser, Lösemittel würden nicht eingesetzt. Acht Millionen Euro haben die drei Hersteller Tetra Pak GmbH, SIG Combibloc GmbH und Elopak GmbH in die 18.000 Tonnen-Anlage in der Nähe von Köln investiert.

Die Auflösetrommel: Waschmaschine in XXL

Getränkekartons zu recyceln, ist technisch nicht viel aufwendiger als das Recycling von Zeitungen oder Wellpappe. Gebraucht wird dazu lediglich ein sogenannter “Pulper”, der in fast jeder Papierfabrik, die Altpapier einsetzt, zu finden ist. Es handelt sich dabei um einen großen Bottich mit einem Rührwerk: die Kartons werden dort hineingegeben, Wasser dazugegeben und anschließend so lange gerührt, bis sich die Fasern von den Folien ablösen.

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Herzstück der Recyclinganlage ist ein je nach Bauart etwa 30 Meter langer, rotierender Metallzylinder mit einem Durchmesser von etwa drei Metern. Wie in einer Waschmaschine werden die zuvor geschredderten Getränkekartons unter Zugabe von Wasser „geschleudert“. Auf der Innenseite der Trommel befinden sich „Schaufeln“, die das Material nach oben transportieren, von wo es wieder herunterfällt und zunehmend zerfasert. Der Papieranteil weicht langsam auf und löst sich von den Folien. Chemikalien werden im gesamten Prozess nicht eingesetzt. Durch kleine Löcher in der Trommelwand wird der Faserbrei abgeschwemmt. Anschließend wird er gereinigt, eingedickt und zur Papiermaschine gepumpt.

Palurec-Verfahren: Kunststoff- und Alureste werden verwertet

In der Innenseite der Trommel verbleiben die Folienreste. Diese wurden bislang überwiegend in Zementfabriken verwertet. Bei der Zementherstellung braucht man nicht nur die Energie aus dem Kunststoff, sondern auch Aluminiumoxid, um die Abbinde-Eigenschaften des Zements zu verbessern. Die PE-Aluminium-Folien aus der Getränkekartonaufbereitung sind daher sehr willkommen, zumal erheblich geringere Emissionen als beim Einsatz von Steinkohle oder anderen Sekundärbrennstoffen entstehen.

In den letzten 20 Jahren gab es mehrere Anläufe, dieses Gemisch aus Folien, Verschlüssen und Stoffen, die nichts mit dem Getränkekarton zu tun haben und durch Fehlsortierungen in den Prozess getragen werden, stofflich zu verwerten. Nachdem sich verschiedene Anlagenkonzepte in der Praxis nicht langfristig etablieren konnten, haben die deutschen Hersteller von Getränkekartons in eine eigene Recyclinganlage investiert.

Die Palurec GmbH hat mit ihrer neuartigen Recylinganlage sich zum Ziel gesetzt marktfähige Rezyklate aus PE-/Aluminium-Reststoffen zu erzeugen. Das Materialgemisch wird mechanisch/physikalisch getrennt. Statt neue Anlagenkomponenten zu entwickeln werden Aggregate eingesetzt, die sich bereits in der Praxis bewährt haben.

Recycling nicht ausschließlich anderen überlassen

Auf die Frage, was Tetra Pak, SIG Combibloc und Elopak veranlasst hat, mit einer eigenen Anlage ins Recycling einzusteigen, antwortete der Vorsitzende des Branchenverbandes FKN, Robert Kummer: „In den letzten 25 Jahren hat es mehrere Unternehmen aus der Recyclingbranche gegeben, die sich daran versucht haben. Nach einiger Zeit sind sie allerdings wieder ausgestiegen. Technische, aber vor allem wirtschaftliche Gründe spielten dabei eine Rolle.“

Auch derzeit könne man beobachten, dass zwar viele Unternehmen beim Kunststoffrecycling bereits einen Gang eingelegt hätten, aufgrund der unsicheren Marktlage aber noch auf der Kupplung stünden: „Der europäische Green Deal und das Verpackungsgesetz zeigen aber bereits Wirkung. Die Nachfrage nach Rezyklaten wächst. Insofern sind wir überzeugt davon, dass die Entscheidung, die wir vor drei Jahren getroffen haben, richtig war, das Recycling unserer Verpackungen nicht ausschließlich anderen zu überlassen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen“, so Kummer.

In einer Video-Botschaft begrüßte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser das Engagement der Hersteller: „Es ist beeindruckend und verdient meinen großen Respekt.“ Der Präsident des Naturschutzbund Deutschland (NABU) Jörg-Andreas Krüger sagte: „Zum Erhalt der Biodiversität und zum Schutz unseres Klimas ist die Kreislaufwirtschaft ein zentraler Hebel. Wenn in Zukunft auch Kunststoff und Aluminium aus dem Getränkekarton in neuen Produkten verarbeitet werden können, ist das ein wichtiger Schritt in Richtung Umweltschutz“.

Zur Palurec GmbH

Die Palurec GmbH wurde im Dezember 2017 gegründet. Alleiniger Gesellschafter ist der Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e.V. (FKN) mit Sitz in Berlin. Dem Verband gehören die Unternehmen Elopak GmbH (Mannheim), SIG Combibloc GmbH (Linnich) und Tetra Pak GmbH (Hochheim am Main) an. Diese stellen etwa 95% aller in Deutschland verkauften Getränkekartons her und sind seit dem Start des Dualen Systems maßgeblich am Aufbau und der Weiterentwicklung der Recycling-Infrastruktur für gebrauchte Getränkekartons beteiligt.