virtual.drupa 2021: Hell Gravure Systems

HD Gravure – der neue Qualitätsstandard für den modernen Verpackungstiefdruck

Die Vorteile des Tiefdrucks gegenüber anderen Druckverfahren liegen unter anderem in der Farbbrillianz und der hohen Auflagenstabilität begründet. Weiche Verläufe bis 0 Prozent und feinste Raster zeichnen ihn aus. Weniger ausgeprägt sind im Tiefdruck die Randschärfe von Strichelementen sowie die Detailwiedergabe feiner grafischer Elemente, was sich nicht zuletzt in einer schlechteren Lesbarkeit kleiner Texte niederschlägt. Die allgemein üblichen Andrucke sind sehr kostenintensiv.

HD Gravure gibt in vielerlei Hinsicht Antworten auf diese Kritikpunkte. Durch die geeignete Kombination innovativer Technologien lassen sich mit HD Gravure qualitativ und ökonomisch Ergebnisse erzielen, wie sie zuvor nur mit höchstem Aufwand umgesetzt werden konnten. HD Gravur verbessert die Randschärfe und die Wiedergabe feiner Details. Enge Gravurtoleranzen sorgen für eine vereinfachte Farbanpassung im Druck und eine erhöhte Reproduzierbarkeit. Die zertifizierte Gravur erhöht die Prozesssicherheit in der Tiefdruckformherstellung und reduziert die Notwendigkeit von Andrucken und somit die Kosten der Formherstellung (Abbildung 1).

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Was ist Gravurqualität?

  • Randschärfe

Die klassische Gravur ist geprägt vom Sägezahneffekt. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass Rasterfeinheit und Schreibauflösung nicht unabhängig voneinander gewählt werden können. Bei den gebräuchlichen Rasterfeinheiten von 60 bzw. 70 l/cm erkennt das Auge bereits im normalen Betrachtungsabstand Stufen. Höhere Rasterfeinheiten von z. B. 100 l/cm werden mit einem Verlust an Druckdichte und längeren Gravierzeiten erkauft. Digital-, Offset- und Flexodruck kennen diese Einschränkungen nicht. Den einzigen Ausweg aus diesem „Tiefdruckdilemma“ stellte in der Vergangenheit das Ätzverfahren dar, allerdings nur für Strichgravuren. Heute bildet die Laserdirektgravur die erste Wahl, um Randschärfen in Offsetqualität zu realisieren. Doch die klassische Gravur hat sich durch neueste Entwicklungen ebenfalls verbessert. Das neue Abgleichverfahren MultiTune sowie die hochauflösenden Gravurverfahren Hybrid- und XtremeEngraving realisieren gute bis sehr gute Randschärfen (Abbildung 2).

  • Detailwiedergabe

Feine Linien und Texte stellen im Tiefdruck stets eine Herausforderung dar. Nicht nur aufgrund des oben dargestellten Randschärfeproblems. Sondern auch, weil feine Elemente im Tiefdruck grundsätzlich dünner wiedergegeben werden als sie im Original angelegt wurden. Dies gilt für positive und negative Elemente gleichermaßen. Um diesem Effekt entgegenzuwirken werden Reprodaten üblicherweise per manueller Korrektur gravurspezifisch aufbereitet. Abgesehen vom Zeitaufwand und der Fehleranfälligkeit haftet der manuellen Korrektur eine weitere Unzulänglichkeit an: Das Verbreitern sehr feiner Schriften kann dazu führen, dass offene Elemente sich schließen oder Buchstaben sich berühren. In beiden Fällen wird die Lesbarkeit stark beeinträchtigt. Hell hat mit High Quality Hinting ein Verfahren zur automatischen Optimierung von Gravurdaten entwickelt, das für eine präzise Detailwiedergabe und optimale Lesbarkeit auch kleinster Schriften sorgt (Abbildung 3).

  • Reproduzierbarkeit

In der elektromechanischen Gravur ist es unerlässlich, vor jeder Gravur das Graviersystem zu kalibrieren. Durch diese Maßnahme, das sogenannte „Einschneiden“, wird das Gravurergebnis unabhängig vom aktuellen Zustand des Gravurkupfers, des Graviersystems und des Gravierstichels. Enge Gravurtoleranzen bewirken eine hohe Farbtreue in An- und Fortdruck und ermöglichen eine schnelle Farbanpassung in der Druckmaschine.

Ein Kalibrationssytem für Graviermaschinen umfasst eine Kamera sowie einen Algorithmus, der Soll- und Istwerte der gravierten Näpfchen durch geeignete Einstellungen des Gravierversystems angleicht. Moderne Graviermaschinen verfügen für diesen Zweck über eine integrierte, automatisch fokussierende Messkamera. Idealerweise, aber nicht selbstverständlich, wird auch der Messvorgang selbst automatisch durchgeführt.

Die klassische 2-D-Kalibration basiert auf einer Vermessung von Quer- und Längsdiagonalen des Näpfchens. Dieses Verfahren berücksichtigt geometrische Verzerrungen sowie den Verschleiß des Gravierdiamanten nur unzureichend. Die volumenorientierte 3-D-Kalibration liefert die genauesten Werte und führt zu einer herausragenden Wiederholgenauigkeit gravierter Zylinder (Abbildung 4).

Die Technologien im Detail

  • MultiTune

MultiTune ist ein neu entwickeltes Abgleichverfahren für Graviersysteme. Das Verhalten des Graviersystems kann jetzt präziser an das jeweilige Gravurraster angepasst werden. Im Ergebnis folgen daraus schärfere Konturen und weniger Nachziehen und Prellen. MultiTune wirkt qualitätssteigernd auf horizontal verlaufende Konturen und hat keinerlei Einfluss auf die Graviergeschwindigkeit bzw. die Produktivität der Graviermaschine (Abbildung 5).

  • HellHybrid

HybridEngraving ist ein Gravurverfahren zur Realisierung hoher Konturenschärfe bei hoher Produktivität. Im Prinzip wird die Standardgravur mit einer versetzten Gravur überlagert, die sehr feine Randnäpfchen in doppelter Auflösung erzeugt. Die Gesamtgravierzeit verdoppelt sich gegenüber der Standardgravur (Abbildung 6).

  • XtremeEngraving

XtremeEngraving ist ein hochauflösendes Gravurverfahren, das es erlaubt, Rasterfeinheit und Schreibauflösung unabhängig voneinander zu wählen. Somit kann eine hohe Konturenschärfe bei gleichzeitig hoher Druckdichte realisiert werden. Mit einer Schreibauflösung bis 540 l/cm realisiert XtremeEngraving Ergebnisse, die der Lasergravur kaum nachstehen. Auch Grobraster mit Querdiagonalen von über 900 µm und Graviertiefen bis 110 µm können mit XtremeEngraving erzeugt werden. XtremeEngraving wird nur auf Vollton angewendet. Die Gravierzeit ist abhängig von der gewählten Auflösung (Abbildung 7).

  • High Quality Hinting

High Quality Hinting (HQH) ist ein Datenoptimierungsverfahren, das die Wiedergabe feiner Texte und Strichelemente im Tiefdruck verbessert. In der Regel werden Reprodaten per manueller Korrektur gravurspezifisch aufbereitet. HQH automatisiert diesen Prozess, indem Gravurdaten auf feine Linien und Texte untersucht und diese dann automatisch nach zuvor eingestellten Vorgaben optimiert werden. Durch die intelligente Zeichenerkennung bleibt die Charakteristik von Buchstaben und Zeichen erhalten. Feine Texte bleiben somit lesbar und kleine grafische Elemente verschwinden nicht im Druck. HighQualityHinting wirkt sich nicht auf die Graviergeschwindigkeit bzw. die Produktivität der Graviermaschine aus.

HQH wird in drei Ausführungen angeboten. HQH classic führt die Datenoptimierung vor der Gravur auf einem separaten PC durch. HQH embedded ist in allen neuen HelioKlischographen standardmäßig integriert und führt die Datenoptimierung während der Gravur online durch. HQH Pro arbeitet mit hochaufgelösten Daten und weiterentwickelten Algorithmen und steigert noch einmal signifikant die Ausgabequalität (Abbildung 8).

  • CellGuard

CellGuard ist das automatische Kalibrationssystem für HelioKlischographen. CellGuard umfasst das Messen mittels einer Autofokus-Kamera sowie den Algorithmus, der Soll- und Ist-Gravurwerte automatisch angleicht. CellGuard protokolliert alle Messwerte sowie die Kamerabilder, sodass diese für die Qualitätskontrolle jederzeit verfügbar sind (Abbildung 9).

Abbildung 9: Moderne Graviermaschinen verfügen über eine Autofokus-Kamera (links unten). CellGuard vermisst die Testnäpfchen automatisch und stellt präzise und schnell den Gravierverstärker ein (rechts unten)
  • CellEye

Herkömmliche Kalibrationssysteme erfassen die Gravur mittels zweidimensionaler Messungen und berücksichtigen geometrische Verzerrungen der Näpfchen sowie den Verschleiß des Gravierdiamanten nicht. CellEye hingegen basiert auf einer volumenorientierten, dreidimensionalen Messung, die diese Einschränkungen nicht hat (Abbildung 10a und 10b).

CellEye schafft die Voraussetzung für eine Produktion innerhalb engster Toleranzen. Damit bildet CellEye eine Grundlage um aktuelle Qualitätsthemen wie First-time-Right, den Verzicht auf einen Andruck oder Siebenfarbendruck erfolgreich angehen zu können (Abbildung 10a und 10b).

Abbildung 10a: Der Verschleiß des Gravurdiamanten wird in der herkömmlichen Kalibration nicht berücksichtigt

 

  • CellCreator

Der CellCreator ist ein optionales Werkzeug für die Laserdirektgravur von Tiefdruckzylindern. Der CellCreator generiert Helio-kompatible Raster, auf deren Basis Strich- und Halbtonzylinder bebildert werden können, die sich mit elektromechanisch gravierten Zylindern problemlos mischen lassen. Die Möglichkeit, für jeden Dichtewert eine separate Napfbeschreibung zu hinterlegen, ist einmalig. So kann ein Rasteraufbau z. B. auftragsabhängig mehr tiefen- oder flächenvariabel erfolgen, wobei unterschiedliche Zellgeometrien möglich sind. Abrissfreie Verläufe auf Aluminiumoberflächen oder perfekte Glattlagen im Druck metallisierter Farben werden damit ermöglicht.

Da CellCreator auf der Plattform des Cellaxy Direktlasers läuft, stehen darüber hinaus Qualitätsmerkmale zur Verfügung, die weit über die elektromechanische Gravur hinausgehen: algorithmisch gesteuerte Variation von Zellgeometrien zur Verbesserung der Verläufe (Supercell), Formung der Laserpulse zur Verbesserung der Tiefensteuerung (PulseShaping), automatische Kompensation bestimmter Schwächen in der Zylindergeometrie, sowie Auflösungen bis zu 5080 dpi (Abbildung 11).

  • Certified Engraving

Die zertifizierte Gravur erhöht die Prozesssicherheit in der Tiefdruckformherstellung und wird die Notwendigkeit von Andrucken erheblich reduzieren. Dazu werden die kritischen Produktionsparameter von Zylinder und Gravur in der Graviermaschine automatisch gemessen. Ein Highlight ist die automatische Dokumentation vorherbestimmter Messstellen auf der Zylinderoberfläche. Alle Messwerte fließen in ein Protokoll ein, das gemäß Kundentemplate gestaltet werden kann. Certified Engraving steht ab Januar 2020 zur Verfügung.

Die Technologien im Vergleich

MultiTune und HQH heben alle HelioKlischographen standardmäßig auf das Einstiegslevel von HD Gravure und sind für viele Altanlagen hochrüstbar. Die Vorteile dieser Verfahren hinsichtlich Randschärfe und Detailwiedergabe lassen sich ohne jeden Einfluss auf die Gravierzeit nutzen.

CellGuard ist das 2-D-Kalibrationsverfahren für HelioKlischographen. Es vermag gravierte Näpfchen automatisch zu vermessen und die Kalibration durchzuführen. Die engsten Gravurtoleranzen werden jedoch mit dem 3-D-Kalibrationsverfahren CellEye erzielt.

Die Gravierverfahren HellHybrid und XtremeEngraving vermögen die Randschärfe noch weiter zu steigern. HellHybrid verdoppelt die Gravurauflösung bei zweifacher Gravierzeit, erlaubt die Randschärfung auch im Halbton und ist sehr einfach in der Handhabung. XtremeEngraving vervielfacht die Gravurauflösung bei entsprechend verlängerter Gravierzeit. XtremeEngraving ist universeller anwendbar als HellHybrid, da es außer in der flexiblen Verpackung auch für Mikroschriften sowie für technische Zylinder eingesetzt werden kann, arbeitet aber nur im Vollton. Cellaxy graviert mit einer Auflösung von bis zu 5080 dpi und bietet die höchstmögliche Randschärfe.

Die Detailwiedergabe lässt sich mit HQH Pro noch weiter steigern. Zudem kann HQH Pro auch in Kombination mit XtremeEngraving und Cellaxy eingesetzt werden. HQH Pro hat keinerlei Einfluss auf die Produktivität der Graviermaschine.

Der CellCreator ist ein Tool der Laserdirektgravur und der Schlüssel für perfekte Strich- und Halbtonzylinder, die sich mit elektromechanisch gravierten Zylindern problemlos mischen lassen.

Certified Engraving erhöht die Prozesssicherheit und wird die Notwendigkeit von Andrucken erheblich reduzieren. Certified Engraving wird für alle Highend-Gravieranlagen zur Verfügung stehen.

Allen dargestellten Verfahren gemein ist, dass die qualitätsrelevanten Produktionsparameter mittels Jobticket gesteuert und archiviert werden (Abbildung 12).

Abbildung 12: HD Gravure gibt dem Zylindergraveur die Freiheit, das Qualitätslevel selbst festzulegen, mit dem er produzieren möchte

Zusammenfassung

Mit HD Gravure schafft Hell die Synthese bewährter Graviertechnologie und intelligenter qualitätssteigernder Algorithmen. Für eine signifikant höhere Randschärfe sind neue Graviermaschinen bereits standardmäßig mit MultiTune und High Quality Hinting ausgestattet. Diese Technologien bilden den Einstieg in HD Gravure. Die Optionen HybridEngraving, XtremeEngraving und HQH Pro realisieren die Wiedergabe feinster, randscharfer Details. CellGuard und CellEye sorgen in den hochklassigen Maschinen für eine vereinfachte Farbanpassung im Druck und steigern die Reproduzierbarkeit. Der CellCreator erhebt die Laserdirektgravur zum Highend von HD Gravure indem Tiefdruckformen erstmalig sehr spezifisch an die jeweiligen Druckanforderungen angepasst werden können. Certified Engraving erhöht die Prozesssicherheit der gesamten Tiefdruckformherstellung und reduziert die Notwendigkeit von Andrucken.

Der Einstieg in die Welt der HD Gravure ist mit MultiTune und HQH einfach gehalten und erhält die volle Produktivität der Gravieranlagen. Modularität und Kombinationsmöglichkeit aller Verfahren geben dem Zylindergraveur die Freiheit, das Qualitätslevel selbst festzulegen, mit dem er produzieren möchte. Viele ältere Anlagen können nachträglich mit HD Gravure ausgestattet werden (Abbildung 13).

HD Gravure gibt somit Impulse für die großen Entwicklungen im Verpackungsdruck: feinere Schriften, kürzere Druckaufträge, First-time-Right, Siebenfarbendruck, die Suche nach dem Andruckersatz.

 

Erst-Veröffentlichung des Artikels in in der Flexo+Tief-Druck 3-2019