Das große SOMMER-INTERVIEW mit Thomas Reckert, Bobst Zone Business Director Web-fed ( DACH-Region)

„Tief- und Flexodruck sind nach wie vor die wichtigsten Techniken in der Herstellung flexibler Verpackungen“

Thomas Reckert, Zone Business Director im Geschäftsbereich Web-fed von Bobst für die DACH-Region (Quelle: Bobst)

Die Anforderungen an die Verpackung werden immer mannigfaltiger. Sie soll nachhaltig und recycelfähig sein, sie soll das Verpackungsgut schützen, ihr Design soll ansprechend und am „Point of Sale“ den Konsumenten zum Kauf anregen, sie soll „just in time“ und immer häufiger individualisiert verfügbar sein. Und das alles bei einem immer höheren Qualitätsanspruch und zu möglichst geringen Kosten. Das fordert natürlich die Lieferindustrie heraus, adäquate verfahrenstechnische Lösungen anzubieten. Flexo+Tief-Duck sprach darüber mit Thomas Reckert, Zone Business Director im Geschäftsbereich Web-fed von Bobst für die DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Sie arbeiten schon viele Jahre für Bobst und wurden 2018 zum „Zone Business Director“ im Geschäftsbereich Web-fed von Bobst für die DACH-Region ernannt. Welche Aufgaben beinhaltet diese Funktion? Was hat sich für Sie persönlich verändert?

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Thomas Reckert: Ich arbeite inzwischen im 23sten Jahr für Bobst und ausgesprochen gerne in einem wirklich tollen Team. Natürlich hat mich sehr gefreut, dass man mich eingeladen hat, in der DACH-Region die Verantwortung für alle Produktlinien des Bobst -Geschäftsbereichs Web-fed zu übernehmen. Damit bin ich für unsere Kunden zum Ansprechpartner für alle Lösungen dieses Geschäftsbereichs geworden: für den Tiefdruck, für den Flexodruck mit Zentralzylinder-Druckmaschinen, für UV-Flexodruckmaschinen für schmale und mittlere Bahnbreiten, für Kaschier- und Beschichtungsmaschinen sowie für unsere Anlagen für die Vakuummetallisierung.

In den Augen unserer Kunden ist es ein großer Vorteil, dass sie mit mir jetzt einen Ansprechpartner für alle diese Produktbereiche haben. Natürlich hat sich meine Beratungsarbeit damit intensiviert. Doch hinter mir steht ein großes Team sehr praxiserfahrener Experten der verschiedenen Produktlinien, das mich mit seinem umfassenden Know-how tatkräftig unterstützt. Gleiches gilt für unseren Agenten Christl GmbH in Österreich und unseren Agenten Graficon Maschinenbau AG aus der Schweiz für die schmalbahnigen Inline-Flexodruck- und Verarbeitungsmaschinen von Bobst Firenze für den Etikettenmarkt.

 

Welche Maschinenlösungen bietet Bobst für die Kaschierung und Beschichtung von Verpackungssubstraten an? Mit welchen Innovationen und Weiterentwicklungen können Drucker und Converter im Jahr 2019 rechnen?

Thomas Reckert: Das Portfolio von Bobst für Kaschierung und Beschichtung ist komplett. Es deckt praktisch alle Anforderungen  des Marktes ab. Für die Herstellung und Weiterverarbeitung von Substraten reicht das Angebot von kompaktesten und einfachsten Maschinen über maßgeschneiderte Lösungen bis hin zu anspruchsvollen technischen Lösungen, die sehr hohe Anforderungen an Produktionsgeschwindigkeiten, Produktivität, Flexibilität und natürlich auch an die Nachhaltigkeit abdecken.

Für den Beschichtungsmarkt bieten wir alle heute verfügbaren Verfahren an und arbeiten – Schlitzdüsen ausgenommen – mit spezialisierten Herstellern zusammen. Allein im vergangenen Jahr haben wir Maschinen mit einem breiten Spektrum verschiedener Techniken in den Markt geliefert. Unter anderem für Barriere-Anwendungen, Silikonbeschichtung und AlOX, um nur einige zu nennen.

 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation bei flexiblen Kunststoffverpackungen – insbesondere vor dem Hintergrund der kontrovers geführten öffentlichen Debatte um das Thema Verpackungsmüll?

Thomas Reckert: Das Thema nachhaltigere Verpackungen ist weltweit in Bewegung. Das wird sich auch in den kommenden Jahren nicht ändern. Gerade die großen Markenartikelhersteller treiben mit ihren wiederverwertbaren oder sogar kompostierbaren Verpackungen die Entwicklung voran. Beispiele sind einschichtige flexible Kunststoffverpackungen mit Barriere-Beschichtungen oder Papierverpackungen ebenfalls mit Barriere-Beschichtungen. Bobst arbeitet schon länger intensiv an diesen Themen, was sich in Form verschiedener Forschungs- und Entwicklungsprojekte niederschlägt.

Im Herbst 2019 eröffnen wir unser erweitertes Competence Center für den Bereich Coating in San Giorgio Monferrato in Italien. Wir werden hier eine innovative Pilotbeschichtungsanlage sowie Tiefdruck- und Kaschiermaschinen zeigen. Darüber hinaus werden wir mit einem komplett ausgestatteten Labor unser Engagement in der Entwicklung eigener, hochwirksamer Barriere-Materialien unterstreichen, die sich sehr gut verarbeiten lassen. Zudem dokumentieren wir mit diesem Labor die Vorteile unserer engen Zusammenarbeit mit führenden Verbrauchsmaterialherstellern der Branche für unsere Kunden.

 

In der Herstellung flexibler Verpackungen für Lebensmittel kommen zunehmend fasergebundene Substrate (Papier) zum Einsatz. Sind mit den Möglichkeiten der Kaschiertechnik und der Beschichtungsverfahren die gleichen Barriere-Eigenschaften wie bei flexiblen Folienverpackungen erreichbar? Hat dies Auswirkungen auf die Recyclingfähigkeit derartiger Verpackungen?

Thomas Reckert: Wird Papier mit Aluminium und/oder Kunststofffolien beschichtet, sind ausgezeichnete Barriere-Eigenschaften erreichbar. Das aber auf Kosten der Nichtwiederverwertbarkeit der Materialen – entweder aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen. Aus diesem Grund werden enorme Ressourcen in die Entwicklung von Barriere-Beschichtungen gesteckt, um mit einschichtigen – und damit wiederverwertbaren – Verpackungen die Barriere-Eigenschaften mehrschichtiger Strukturen zu erreichen.

 

Kleinere Losgrößen, hohe Qualitätsansprüche der Markenartikler sowie der starke öffentliche Druck setzen die flexible Kunststoffverpackung aktuell massiv unter Druck. Dies führt auch zu einem vermehrten Einsatz papierbasierter und anderer „nachhaltiger“ bzw. „recyclingfähiger“ Substrate. Wie müssen der Kaschierprozess und seine Elemente (Klebstoff, Auftragssystem, Trocknung, Zusammenführung der Substratbahnen) grundsätzlich gestaltet werden, um diesen veränderten Anforderungen zu genügen?

Thomas Reckert: Die Auftragsgrößen schrumpfen seit vielen Jahren, aber das Gesamtvolumen des Marktes wächst weiter. Vor diesem Hintergrund hat Bobst verschiedene innovative technische Lösungen entwickelt, die unseren Kunden bei hohem Automatisierungsgrad und minimierter Makulatur schnelle Auftragswechsel und damit optimale Gesamtbetriebskosten ermöglichen, indem sie die indirekten und die direkten Betriebskosten positiv beeinflussen. Ich denke hier unter anderem an unsere Tiefdruckmaschine MW 60/80, an unsere Systeme für vollautomatisches Vorregistern wie TAPS (Total Automatic Pre-register Setting) und smartGPS, an unsere Vorreiterrolle innerhalb des REVO-Teams bei der Entwicklung des Drucks mit festem Farbsatz sowie an unser V-Flower-Druckwerk für schmalbahnige Inline-Flexodruckmaschinen, das Umrüstungen binnen einer Minute und ohne Anhalten der Druckmaschine erlaubt. All diese Lösungen sind in ihren Bereichen seit Jahren einzigartig und marktführend. Bei ihrer Entwicklung hat ein hoher Automatisierungsgrad eine zentrale Rolle gespielt. All diese Lösungen profitieren von unseren umfassenden Möglichkeiten, Synergien innerhalb der Bobst Group auszuschöpfen, gemeinsam auf effizienteste Lösungen zuzugreifen und diese gemeinsam kontinuierlich weiter zu verbessern.

 

Bei Substraten arbeiten wir in Projekten mit verschiedenen Lieferanten zusammen, mit denen wir gute Partnerschaften pflegen. Dabei sind wir weder an spezielle Klebstoffe noch an Klebstofflieferanten gebunden. Aber dank dieser Partnerschaften arbeiten unsere Maschinen mit vielen verschiedenen Substraten, Farben und Klebstoffen. So bieten sie unseren Kunden in ihren Anwendungen größtmögliche Flexibilität.

 

Bevor Sie zum Zone Business Director im Geschäftsbereich Web-fed von Bobst ernannt wurden, waren Sie bei dem Unternehmen als Sales Manager in der DACH-Region jahrelang auch für den Tiefdruck zuständig. Deshalb zum Schluss noch eine Frage zu den Druckverfahren in der Verpackungsherstellung: Wie sehen Sie die Zukunft des Tiefdrucks in der Verpackungsherstellung im Vergleich zum Flexo-, Offset- und Digitaldruck?

Thomas Reckert: Tief- und Flexodruck sind nach wie vor die wichtigsten Techniken in der Herstellung flexibler Verpackungen. Der Digitaldruck wird in der Zukunft immer stärkere Bedeutung gewinnen. In 2017 hat die Bobst Group deshalb Mouvent gegründet, das Kompetenzzentrum für den Digitaldruck. Der Tiefdruck ist mit seiner feinen Druckqualität und seinen günstigen Kosten nach wie vor ein sehr wichtiges Druckverfahren. Dank jüngster Entwicklungen lassen sich seine Vorteile nicht nur bei großen Auftragsgrößen, sondern auch in Nischenmärkten und bei kleinen Auftragsgrößen ausschöpfen. Der Tiefdruck wird im Verpackungsdruck auch künftig ein stabiler und starker Player bleiben. [8384]

Herr Reckert, vielen Dank für das Interview.

 

Hinweis: Das Interview erschien zum ersten Mal in der Flexo+Tief-Druck 2-2019.