Editorial FTD 2-2019: Digitaldruck oder Flexodruck?
von Ansgar Wessendorf,
Die Digitalisierung hat mittlerweile auch den Druck von Wellpappen-Verpackungen erreicht. Dabei handelt es sich jedoch noch nicht um einen Massenmarkt, sondern um kurzfristig benötigte und/oder individualisierte Kleinauflagen mit variablen Daten. Aus diesem Grund ist der Anteil des Digitaldrucks noch relativ gering.
Digitale Chancen
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Der Wellpappendruck ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt mit viel Potenzial. Das belegt auch eine aktuelle Studie von Smithers Pira: Der europäische Markt für bedruckte Verpackungen und Etiketten hat ein Gesamtvolumen von 77,4 Mrd. Euro. Bei einem geschätzten jährlichen Wachstum von 2,2 % soll dies bis 2022 auf etwa 86,5 Mrd. Euro ansteigen. Der Bereich Vollpappe/Wellpappe ist mit einem wertmäßigen Marktanteil von 31,3 % das größte Segment.
Die Zulieferindustrie für den Digitaldruck erkennt die damit verbundenen Chancen und möchte ihren Anteil am lukrativen Wachstumsmarkt „Verpackungsdruck“ weiter ausbauen. Das ruft auch neue Player auf den Plan. So hat Xeikon angekündigt, noch in diesem Jahr seine erste Postprint-Digitaldruckanlage für den Wellpappendruck einzuführen. Es soll sich um eine Inkjetlösung für wasserbasierte Farben handeln. Möchte der Digitaldruck im Wellpappendruck allerdings sein Nischendasein verlassen und deutliche Marktanteile dazugewinnen, muss er auch die Massenmärkte bedienen. Dafür fehlt ihm aber noch immer der hohe Qualitätsstandard und die Stabilität konventioneller Druckverfahren.
Schwierige Herausforderungen
Es wird in diesem Zusammenhang nicht ausreichen, nur den „Mehrwert“ des Digitaldrucks in den Vordergrund zu stellen. Vielfältige Herausforderungen müssen bewältigt werden, wie z. B. das Zusammenspiel aus der Planlage des Deckenpapiers und dem genau austarierten Abstand der Druckköpfe, um eine gleichmäßige Motivreproduktion zu gewährleisten. Industrietaugliche Lösungen für den hochvolumigen Direktdruck auf Wellpappe sind aufgrund des „unebenen“ Bedruckstoffs technisch höchst anspruchsvoll. Das ist für die empfindlichen und in geringem Abstand vom Substrat positionierten Inkjet-Druckköpfe eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Auch ist es bei offenporigen Deckpapieren schwierig, mit der dünnflüssigen Inkjet-Tinte Druckbilder in guter Qualität zu erzeugen.
All das stellt für den ausgereiften Flexodruck mit seinen weichen Druckformen kein Problem dar. Zudem erlaubt dieses Verfahren die Inline-Stanzung der direktbedruckten Wellpappen-Bogen, was zu einer effektiven und kostenoptimierten Produktion beiträgt. Über diese Fähigkeit verfügt der Digitaldruck noch nicht. Dennoch sollten sich die konventionellen Verfahren nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Die Erfahrung zeigt, dass der technische Fortschritt bestehende Verhältnisse schnell und einschneidend zu ändern vermag.